Cannes: Lars von Trier entschuldigt sich für Nazi-Sager

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Cannes Lars Trier sorgt(c) REUTERS (ERIC GAILLARD)
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Mit "Melancholia" ist Lars von Trier im Wettbewerb der Filmfestspiele vertreten. Bei einer Pressekonferenz sprach der Regisseur über seine Abstammung und sein Verständnis für Hitler.

Nicht nur mit seinen Filmen sorgt der dänische Regisseur Lars von Trier für Befremden: In Cannes stellte er am Mittwoch sein neues Werk "Melancholia" vor. Bei einer Pressekonferenz sorgte der Regisseur mit Nazi-Witzen und -Vergleichen für Irritation: Von Trier wurde nach seinem Bezug zur Musik Wagners und der Bildgebung der Nazis gefragt. Er habe lange geglaubt, jüdische Wurzeln zu haben, was er sehr gemocht habe, erzählte der Regisseur, bis er herausgefunden habe, dass er von einer Nazi-Familie abstamme - was er aber auf eine gewisse Art und Weise auch möge.

Über Hitler sagte der Regisseur: "Er ist nicht das, was man einen guten Kerl nennen würde, aber ich verstehe vieles von ihm. Ich sympathisiere ein bisschen mit ihm, ja." Er sei aber deshalb nicht für den Zweiten Weltkrieg und nicht gegen Juden.

"Okay, ich bin ein Nazi"

Über NS-Architekt Albert Speer sagte er, dieser sei sicher nicht der beste Sohn Gottes gewesen, aber er habe ein gewisses Talent gehabt. Anschließend witzelte er über die dänische Regisseurin Susanne Bier, Hitler im Bunker und sein eigenes, nazi-gleiches Tendieren zu immer größeren Projekten. Der Regisseur beendete seine Ausführungen mit der Bemerkung: "Okay, ich bin ein Nazi."

Lustig fanden das nicht alle. Nicht nur seine Hauptdarstellerinnen Kirsten Dunst und Charlotte Gainsbourg blieben sprachlos zurück. Das Filmmagazin "Hollywood Reporter" bemerkte nun, von Trier habe sich ähnlich daneben benommen wie der Hollywood-Schauspieler Mel Gibson, der mit anti-semitischen Äußerungen für Empörung gesorgt hatte: "Wenn das in Amerika passiert wäre und nicht in Cannes, wäre das der Karriere-Selbstmord gewesen."

Lars von Trier entschuldigt sich

Nur wenig später musste Von Trier zurückrudern: "Ich bin weder antisemitisch oder habe rassistische Vorurteile irgendeiner Art noch bin ich ein Nazi", entschuldigte sich der Regisseur öffentlich.

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Der Planet "Melancholia"

Gewohnt ist man hingegen schon daran, dass von Trier mit seinen Filmen für Aufruhr sorgt: Mit "Melancholia" rittert von Trier nach dem vieldiskutierten "Antichrist" erneut um die Goldene Palme. Der Planet "Melancholia" hat darin Kurs auf die Erde genommen, während auf der Erde unter anderem die Stars Kirsten Dunst, Charlotte Gainsbourg, John Hurt, Kiefer Sutherland, Stellan Skarsgard, Udo Kier und Charlotte Rampling Hochzeit feiern.

"Der Film geht nicht so sehr um das Ende der Welt, sondern mehr um einen Seelenzustand", konstatierte von Trier. "Ich habe in meinem Leben selbst einige Phasen von Melancholie durchgemacht". Hollywood-Schauspielerin Kirsten Dunst, mit der er das erste Mal drehte, habe ihre Sache "extrem gut gemacht", so der Regisseur, "vor allem der Blick in ihren Augen war perfekt". Dunst spielt die Braut Justine, die im Verlauf des Films immer stärker von ihrer Melancholie gepackt wird und in eine tiefe Depression stürzt.

"Lars schreibt Filme für Frauen"

"Lars ist der einzige Regisseur, der Filme für Frauen schreibt, egal ob die hässlich oder verletzlich oder sonst was sind", meint Dunst. Für Gainsbourg, die zweite Hauptrolle und im Film die Schwester der Braut, besteht diese Trennung zwischen den Geschlechtern gar nicht wirklich. "In 'Antichrist' habe ich ihn gespielt", verwies sie auf die autobiografischen Elemente im Skript, "und in diesem Film spielt Kirsten ihn." Die Arbeit sei diesmal zwar sehr anders gewesen, aber deswegen nicht weniger herausfordernd.

"Melancholia" ist in zwei Hälften geteilt, die Hochzeit und die Angst vor dem Ende der Welt. Schon zu Beginn mischen sich in die Minuten des großen Glücks immer wieder irritierende Momente, wenn sich Justine von ihrer eigenen Hochzeit immer wieder zurückzieht. Später wird sie in der Nacht am Fluss nackt den immer näher kommenden Planeten anbeten - ebenso wie die visuell beeindruckende Eingangssequenz eines der vielen Bilder, die von der Komposition stark an klassische Gemälde erinnern. Beeinflusst fühlte sich der Regisseur stilistisch aber nicht nur von den alten Meistern, sondern auch von Regisseuren wie Michelangelo Antonioni und Andrej Tarkowskij. Darüber wird man aber nun weniger reden als über den Humor des Regisseurs.

(APA/Red.)

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