Die Jugendproteste in Spanien sind Warnzeichen vor einem tiefen Generationenkonflikt, in dem traditionelle politische Kriterien nicht mehr zählen.
Ein wenig Nachahmung mag dabei sein. Statt des Tahrir-Platzes in Kairo ist es die Puerta del Sol in Madrid. Statt der Abschaffung der Diktatur geht es um die Stärkung der Demokratie. Aber in zwei Punkten gibt es zwischen den Jugendlichen, die vor wenigen Wochen in Ägypten demonstriert haben, und jenen, die derzeit in Spanien protestieren, eine absolute Übereinstimmung: die Frustration über schlechte Zukunftschancen und der Hass gegen ein Establishment, das jahrzehntelang über seine Verhältnisse gelebt hat.
Nun entsteht auch in Europa eine Protestbewegung, die in kein Links-rechts-Schema passt. Sie ist schlicht die Visualisierung eines tiefen Generationenkonflikts. Es wäre ein Fehler, die Massendemonstrationen allein mit den aktuellen Sparpaketen in Zusammenhang zu bringen. Der sogenannte „Spanische Frühling“ ist vielmehr ein Fingerzeig auf eine Entwicklung, die mit dem Zusammenbruch von Immobilienblasen, Finanz- und Schuldenkrisen erst begonnen hat. Denn es geht um eine Jugend, die, ohne selbst Aussicht auf gute Beschäftigungsverträge, ausreichend große Wohnungen oder eine abgesicherte Pension zu haben, für die Kredite ihrer Vorgängergeneration geradestehen muss. Wer unter ihnen nicht erbt oder in die dünne Schicht des Managements aufsteigt, wird von allen künftigen Krisen und Verwerfungen hauptbetroffen sein. Ihr Ärger ist schlicht verständlich und wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit in ganz Europa ausbreiten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2011)