Sprachen: Deutschland hat die Nase vorn

(c) Clemens Fabry
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Deutschland hat die Türkisch-Matura schon eingeführt, andere Länder lassen ihre Einwandererkinder nicht in der Muttersprache maturieren.

Wien/E.m./Aga. Es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis Österreichs Schüler Türkisch regulär als Maturafach wählen können – sollte es überhaupt jemals dazu kommen. Wie aber sieht es in anderen europäischen Ländern aus? Können die Schüler wichtige Migrantensprachen dort als Reifeprüfungsfach belegen?


• Deutschland. Unsere großen Nachbarn sind einen Schritt voraus: In Deutschland gibt es die Türkisch-Matura bereits. Schon im Jahr 1989 wurden dort die „einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Türkisch“ festgelegt und die „besondere Stellung des Türkischen als Sprache der größten Migrantengruppe in Deutschland und in Europa“ betont. Offenbar besteht aber ein Informationsdefizit in der Bevölkerung: Viele Bürger wüssten gar nicht, dass sie in Türkisch maturieren könnten, sagt Integrationsbeauftragte Maria Böhmer von der CDU. Es hängt vom Bundesland ab, ob und in wie vielen Schulen der Türkischunterricht tatsächlich angeboten wird.


• Frankreich. Die Franzosen legen wert auf die perfekte Kenntnis ihrer Sprache. Zwar können in Frankreich gewisse Einwanderersprachen wie Portugiesisch oder Polnisch ab der Oberstufe als optionale Fächer gewählt werden (diese Kurse werden durch die Herkunftsländer subventioniert). Die Sprachen können aber nicht als Maturafach gewählt werden. Die Reifeprüfung ist „gesamtfranzösisch“ geregelt, das heißt, alle Schüler bekommen den gleichen Testbogen.

• Dänemark. Die Dänen haben den Unterricht in typischen Migrantensprachen vor etwa zehn Jahren gleich ganz abgeschafft. An den Schulen wird lediglich Englisch, Französisch, Italienisch, Russisch oder auch Chinesisch unterrichtet. Zuwandererkinder müssen sich die Sprachstunden also gegebenenfalls privat organisieren. Es gibt folglich auch nicht die Möglichkeit, eine Einwanderersprache als Maturafach zu belegen.

• Schweden, Finnland. Die „Musterschüler“ Europas haben im Vergleich zu Dänemark liberalere Regeln, was den Sprachunterricht für Migranten betrifft. Fast jeder Schüler hat die Möglichkeit, Unterricht in der Muttersprache zu erhalten: Es gibt Kurse in 70 Fremdsprachen. Diese finden jedoch völlig unabhängig vom „normalen“ Schulunterricht statt – weshalb auch hier eine Matura im Fach der jeweiligen Muttersprache nicht möglich ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2011)

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