ÖAAB-Generalsekretär Lukas Mandl kritisiert die Rede des Wirtschaftsbund-Chefs beim Parteitag. Seinem Parteifreund Christoph Leitl unterstellt Mandl eine „falsche Erwartungshaltung“.
Wien. In der Volkspartei wächst der Unmut über Christoph Leitl, der nicht nur der Wirtschaftskammer als Präsident vorsteht, sondern auch dem Wirtschaftsbund, einer nicht unwesentlichen Teilorganisation der ÖVP. Vor allem Leitls Rede am Freitag beim Parteitag in Innsbruck sorgte für Irritationen, unter anderem bei Lukas Mandl, dem Generalsekretär des Arbeitnehmerbundes ÖAAB.
Er verlange „Rollenkonformität“ von Leitl, der beim Parteitag offenbar als Präsident der Wirtschaftskammer aufgetreten sei, aber weniger als Chef des Wirtschaftsbundes – „obwohl er als Parteifunktionär anwesend war“, sagte Mandl am Sonntag zur „Presse“.
Im „Congress“-Haus von Innsbruck hatte Leitl kurz vor Michael Spindeleggers Auftritt das Wort ergriffen und den Delegierten unter anderem erklärt, dass es keine neue Partei brauche, „wenn wir den Geist und Stil der Koalition erneuern“. Der WK-Chef spielte damit auf die Debatte über eine Wirtschaftspartei an, die zu gründen einige Wirtschaftskapitäne angesichts des Reformstaus gerade ernsthaft in Betracht ziehen.
Seinem Parteifreund unterstellt Mandl nun eine „falsche Erwartungshaltung“: Er wolle Leitl daran erinnern, dass die Volkspartei als Juniorpartner „allenfalls einen 50-prozentigen Einfluss auf die Arbeit der Regierung“ habe. Seine Worte hätte der Wirtschaftskammer-Präsident daher an den Kanzler richten müssen: „Der Parteitag kann ja nicht beschließen, wie die Performance der Koalition in Zukunft sein soll.“
Außerdem: „Wenn wir das zum Hauptindikator für die Qualität unserer Arbeit machen, wollen wir zu wenig.“ Die ÖVP müsse ihre Ziele deutlich machen und aufzeigen, wenn ein Vorhaben mit der SPÖ nicht umzusetzen sei, findet der ÖAAB-Generalsekretär. „Die Ergebnisse der Koalition sind, so es überhaupt welche gibt, immer Kompromisse. Deshalb können wir als Partei nur an der eigenen Arbeit gemessen werden.“
Zeit für Veränderungen
Dass es angesichts der jüngsten Umfragen (die ÖVP liegt nur mehr auf Platz drei, hinter der FPÖ) an der Zeit ist, gewisse Dinge zu ändern, verhehlt jedoch auch Mandl nicht: „Die ÖVP befindet sich in der Rapid-Viertelstunde und ist in Rückstand. Wir haben jetzt einen neuen Spielertrainer und brauchen den Einsatz von jedem – anhand der Taktik und Strategie, die der Parteichef vorgibt.“
Spindelegger war bis vor Kurzem übrigens Mandls Obmann im ÖAAB. Nach seinem Upgrading gab er das Amt an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ab.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2011)