Rundblick: Die vielen Märkte Osteuropas

Immofinanz
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Polnische Immobilien sind fast schon so teuer wie westeuropäische. In Ungarn hingegen gäbe es derzeit Schnäppchen. Nur will sie niemand haben.

Schon vor der Krise war der osteuropäische Immobilienmarkt kein einheitlicher. Während die Investoren in Ungarn, Tschechien und Polen fast schon westeuropäische Verhältnisse vorfanden, galten jene, die in der Ukraine oder in Südosteuropa investierten, als Pioniere. Dann ließ die Krise die Preise überall einbrechen, auch der Abstand zwischen Ost- und Westeuropa wurde größer. Inzwischen differenzieren die Käufer wieder mehr.

Liebkind Polen

Der beliebteste osteuropäische Markt ist Polen. Dass sich dortige Büros und Einkaufszentren zu Unrecht verbilligt hatten, erkannten die Investoren bereits im Vorjahr. Sie steckten im Jahr 2010 zwei Milliarden Euro in diesen Markt, 2,4-mal so viel wie im Jahr davor, wie aus dem Investmentbericht von EHL hervorgeht. Bei den Käufern handelte es sich vor allem um deutsche offene Immobilienfonds und Immobilienfirmen wie die französische Unibail-Rodamco oder die österreichische CA Immo. Für gut ausgestattete Warschauer Büros in Toplage erhalten Käufer derzeit Renditen von 6,5 Prozent pro Jahr – das ist etwas mehr als in Wien. Dort sind es zwischen 5,5 und sechs Prozent, was bedeutet, dass die Preise in Relation zur erzielbaren Miete in der österreichischen Bundeshauptstadt noch etwas höher sind.  Der Abstand zu Rumänien (8,75 Prozent Rendite für qualitativ hochwertige Büros in Bukarest) ist aber deutlich größer.
„Polen hat den Vorteil, dass es nicht nur ein großer Markt ist, sondern, dass sich auch die Sekundärstädte gut entwickeln“, stellt Thomas Beyerle, Head of CSR and Research bei der IVG Immobilien AG, fest. So könne man neben Warschau auch in Objekte in Danzig oder Krakau investieren.


„Je mehr Möglichkeiten man findet, um zu investieren, desto stabiler ist ein Markt“, erklärt der Experte. Und desto weniger müsse man sich auf Preisschwankungen einstellen. Das ganz große Geld lässt sich in Polen freilich nicht mehr verdienen: Die Leerstandsrate ist mit sieben Prozent niedrig (in Wien sind es sechs), die Preise sind jedoch ebenfalls schon auf Wiener Niveau: In Warschauer Toplage zahlt man zwischen 23 und 25 Euro Büromiete pro Monat in Quadratmeter, der Durchschnitt liegt bei 14 bis 15 Euro, beides geringfügig über dem Wiener Niveau.

Höherer Standard

Das ist zum Teil auch mit der besseren Qualität zu erklären: In Polen habe sich erstaunlich schnell die Erkenntnis durchgesetzt, dass neue Büros „Green Buildings“ mit guter Energieeffizienz sein müssten. Da es in Osteuropa wenig Altbestand gebe, seien die Büros insgesamt von besserer Qualität als im Westen. Vorerst kommt wenig neue Fläche auf den Markt. „Das wird auch noch nächstes Jahr so sein“, stellt EHL-Expertin Andrea Dissauer fest. „2013 und 2014 wird aber viel neue Fläche dazukommen, und das wird auch Auswirkungen auf den Leerstand haben.“ Wer jetzt erst zu bauen anfange, sei schon ein bisschen spät dran. Bessere Aussichten haben Investoren noch im Einzelhandels- und Logistikbereich.
In Prag sind die Renditen mit 6,5 Prozent genauso hoch wie in Warschau, das Risiko ist aber etwas höher: Jedes zehnte Büro steht leer. Dafür sind auch die Mieten mit zwanzig Euro pro Quadratmeter in Toplagen und elf bis 13 Euro im Durchschnitt etwas günstiger. In Bratislava sind die Renditen um fast einen Prozentpunkt höher – die Preise also noch niedriger. Das dürfte sich schon bald ändern: Während der Krise wurden wenige Projekte neu gestartet, sie fehlen jetzt. Bei EHL rechnet man damit, dass bereits einige größere Investoren ein Auge auf die wenigen voll vermieteten Büros werfen, die sich auf dem Markt befinden.

Zurückhaltung in Ungarn

In Ungarn herrscht dagegen merkliche Zurückhaltung. Im Vorjahr wurde mit 300 Millionen Euro noch weniger in diesen Markt investiert als im Krisenjahr 2009. Die Renditen für voll vermietete Bürohäuser in Budapest liegen bei 7,5 Prozent. Mehr als ein Fünftel aller Büros steht leer. Die Mieten in guten Lagen liegen bei 18 bis 20 Euro, im Schnitt bei zehn Euro. Allerdings nur in der Theorie. In der Praxis müssen die Vermieter den Mietern häufig entgegenkommen und sie mit Rabatten zum Bleiben verlocken. Moderne Büros in guter Lage sind von den Leerständen allerdings weniger betroffen. Und da kaum neue Fläche auf den Markt komme, die Nachfrage sich aber langsam entspanne, sollte das Schlimmste vorbei sein, meint man bei EHL. „Wenn man eine rein rationale Entscheidung trifft und nur auf die Rendite achtet, muss man derzeit eher in Ungarn als in Polen investieren“, sagt Beyerle. Die Investoren sorgen sich wegen der politischen Situation und der Steuererhöhungen für Großunternehmen. Diese könnten indirekt den Immobilienmarkt treffen, wenn sie Unternehmen davon abhalten, nach Ungarn zu gehen, oder gar zum Abzug bewegen. Beyerle sieht dennoch eine „irrationale“ Zurückhaltung. Der Immobilienmarkt selbst werde von der politischen Situation kaum tangiert. Er rechnet damit, dass die Investoren diese Chance in den nächsten ein bis zwei Jahren erkennen und sich das Fenster dann schließt.

Erholung auf dem Balkan

Auch auf dem Balkan setzt langsam Erholung ein. Die Immofinanz hat kürzlich die restlichen zwanzig Prozent am Bürohaus Grand Centar in Zagreb, die ihr noch nicht gehörten, übernommen. Die Nachfrage nach hochwertigen Flächen sei in der kroatischen Hauptstadt wieder deutlich im Steigen, stellte Immofinanz-Vorstandsmitglied Manfred Wiltschnigg in einer Aussendung fest. Bei den Mietern handelt es sich vor allem um internationale Firmen wie den Baukonzern Strabag oder das Steuerberatungsunternehmen TPA Horwath.
Bulgarien und Rumänien scheinen auf den ersten Blick attraktiver als etwa Ungarn zu sein: In der rumänischen Hauptstadt Bukarest erhält man laut EHL etwa Büros mit 8,75 Prozent Rendite, also noch günstiger als in Budapest. Die Leerstandsrate liegt deutlich unter zwanzig Prozent. „Es gibt dort aber wenig zu kaufen“, meint Beyerle. Viele Investoren, die vor der Krise viel zu teuer eingekauft haben, wollten sich jetzt nicht zu so niedrigen Preisen von ihren Immobilien trennen.

In der Ukraine finden kaum Transaktionen statt. Die Experten erklären das damit, dass es wenig zu kaufen gebe und man darüber hinaus mit schwieriger Finanzierung, Korruption und schlechter Bauqualität zu kämpfen habe. Trotz zweistelliger Renditen könne man daher noch nicht von einer guten Chance sprechen. „Am ehesten sind Entwickler in diesen Märkten gefragt, die neue Immobilien errichten“, sagt Beyerle. In Russland sehen die Experten dagegen einen attraktiveren Markt: Das Land habe sich von der Krise deutlich erholt, stellt Dissauer fest.

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