Polizei zu Skandal-Derby: "Haben nicht zu spät reagiert"

Polizei gegen Platzstuermer
Polizei gegen Platzstuermer(c) GEPA pictures (Gepa Pictures/ Christian Ort)
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Nach dem Platzsturm beim Wiener Derby gab es nur drei vorübergehende Festnahmen, doch die Exekutive kündigt an, Vermummte auszuforschen. Zudem gibt es Hinweise, dass deutsche Hooligans beteiligt waren.

[WIEN] Nach den Ausschreitungen vom Sonntagnachmittag beim Wiener Derby gab es am Montag Kritik in Foren und Medien an der Exekutive: Sie habe viel zu spät eingegriffen und zugelassen, dass Dutzende - größtenteils vermummte - Randalierer aufs Spielfeld stürmen.

Hans Golob von der Wiener Polizei sieht das aber anders: Die Exekutive marschiere nicht in den Stadien auf, sondern halte sich mit der Präsenz zurück. Das sei auch bei der Euro 2008 gelebte Praxis gewesen. „Wir sind nicht dazu da, den Ablauf zu sichern, sondern schreiten erst bei einer Gefährdungssituation ein", sagt Golob. Und meint weiter: „Wir haben nicht zu spät reagiert, wir waren zur richtigen Zeit in ausreichender Stärke da."

partie strafverifiziert

Der Strafsenat der Fußball-Bundesliga hat das abgebrochene Wiener Derby am Montag mit 3:0 für die Austria strafbeglaubigt. Über das weitere Strafausmaß gegen den Rekordmeister wird am 1. Juni verhandelt. Die zweitplatzierte Austria rückt damit in der Tabelle eine Runde vor Saisonende Spitzenreiter Sturm Graz wieder bis auf zwei Zähler nahe.

Rapid ist nun Sechster hinter Wacker Innsbruck. Wegen des Verschuldens eines Spielabbruchs zieht der Rekordmeister nämlich bei Punktegleichstand den Kürzeren, auch wenn die Tordifferenz besser ist. Mehr ...

Auf die Frage, warum es nur drei (vorübergehende) Festnahmen gegeben habe, erklärt Golob: „Unser Hauptziel war, mit einem Riegel von 50 bis 60 Beamten die Platzstürmer zurückzudrängen." Das hieße aber nicht, dass nicht noch weitere Unruhestifter ausgeforscht und angezeigt werden. Durch Videoaufnahmen der Westtribüne (von dort war der Platzsturm ausgegangen) und die Kenntnis der szenekundigen Beamten der Polizei werde man die Rädelsführer eruieren. Ein Vermummungsverbot gilt übrigens nur bei Demonstrationen, aber nicht bei Fußballveranstaltungen.

Kritik an Ordnern

Die Wiener Polizei bezifferte die Kosten für den Einsatz auf 25.000 Euro. 650 Beamte (Uniformierte und Zivilpolizisten) waren im Einsatz, 400 davon im Stadion.

Hinweise, wonach an dem Platzsturm nicht nur heimische Rapid-Hooligans, sondern auch Randalierer aus Deutschland beteiligt waren, bestätigte die Polizei am Montag zwar nicht, Golob meinte aber: „Das haben wir auch schon aus verschiedenen Quellen gehört. Wir werden das sehr genau überprüfen." Die Ultras von Rapid pflegen seit Jahren engen Kontakt mit jenen aus Nürnberg.

>> Analyse: Vor Fans zu oft in die Knie gegangen

Vertreter der Polizeigewerkschaften, die den Einsatz am Sonntag im Stadion beobachtet haben, fordern jetzt massivere Kontrollen an den Eingangsschleusen. Die Ordner würden „viel zu lax kontrollieren, das ist nicht nur bei uns allgemein bekannt", meint ein Gewerkschafter zur „Presse". Er kritisiert auch, dass Rapid gewaltbereiten Fans zu selten Stadionverbote erteile.
Derzeit sind in Österreich 38 Stadionverbote in Kraft. Rapid hat sechs Personen mit einem derartigen Bann belegt. Für ganz Österreich schätzen Experten des Innenministeriums die Zahl der gewaltbereiten Fans auf rund 250.

Künftig Ausweiskontrolle im Hanappi-Stadion

Unterdessen gab Rapids General Manager Werner Kuhn am Montagabend in der ORF-"ZiB 2" erste Hinweise darauf, wie sich bei Rapid die Zusammenarbeit mit den Fans nach den Derby-Randalen verändern wird. Der 57-Jährige deutete an, dass es ab der kommenden Saison im Hanappi-Stadion eine Ausweispflicht und Abo-Karten nur noch mit Lichtbild geben werde.

Eine weitere Konsequenz wird wohl jenen Raum im Hanappi-Stadion betreffen, in dem die Fans ihre Choreographien vorbereiteten und angeblich auch verbotenes Material wie Knallkörper lagerten. Diese Kammer wird den Anhängern wohl nicht mehr zur Verfügung gestellt, wie Kuhn erahnen ließ. "Hier haben wir einen Schritt zu viel gemacht", erklärte der Manager.

("Die Presse", Printausgabe vom 24. Mai)

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