ORF-Wahl: RTL-Chef Gerhard Zeiler sagt Kandidatur ab

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Zeiler kritisiert in einem Zeitungsinterview die SPÖ wegen parteipolitischer Personalwünsche.

Gerhard Zeiler hat den Spekulationen um sein Antreten als Kandidat für die ORF-Generaldirektion nun selbst ein Ende gesetzt und bläst seine Kandidatur in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "profil" ab. Zwar habe er überlegt, sich als ORF-General zu bewerben, nach wenigen Gesprächen habe sich aber herausgestellt, dass es "wesentlichen Teilen der Politik nicht darum geht, wer das Unternehmen am besten führen kann, sondern wer willfährig parteipolitische Personalwünsche umsetzt", sagte der mächtige CEO der RTL-Group.

Er teilt in dem Interview kräftig in Richtung heimische Innenpolitik und ORF aus, zwischen den Zeilen vor allem gegen die SPÖ, aus der Zeiler ursprünglich kommt: "Ich habe viele Freunde in der SPÖ und ich weiß, dass es viele in der SPÖ gerne gesehen hätten, dass ich es mache." Die Spekulationen, dass SPÖ-Chef Bundeskanzler Werner Faymann ihn verhindern wollte, weil er höhere politische Ambitionen des Sozialdemokraten Zeiler befürchtet, beurteilt der RTL-Chef so: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Werner Faymann im Ernst so denkt. Außerdem: Dächte er so, müsste er ja froh sein, wenn ich im ORF festgenagelt wäre."

Gespräch mit Faymann

Ein Gespräch mit Faymann über eine Kandidatur habe es gegeben, wenn auch nicht aktuell, berichtet Zeiler in dem Interview: "Das war im Frühjahr 2009, als er Alexander Wrabetz los werden wollte. Er hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, den ORF zu führen. Damals war meine Antwort: Wenn es wirklich ein breiter Wunsch wäre und man den ORF so führen könnte, dass er erfolgreich sein kann, würde ich es mir überlegen. Dann habe ich nichts mehr gehört - bis heute."

Warum er erwägt habe, sich zu bewerben, begründet Zeiler damit "mit Leib und Seele Österreicher" zu sein. "Das Land ist meine Heimat und ich habe acht wunderbare Jahre im ORF verbracht, die ja auch der Grundstein für meine Karriere waren. Die Aussicht, dem ORF bei der Bewältigung seiner nicht unbeträchtlichen Probleme helfen zu können, hat mich durchaus überlegen lassen." Ein künftiges Antreten bei einer der nächsten ORF-Wahlen schließt er zumindest nicht kategorisch aus: "Ich denke jetzt noch nicht darüber nach, was 2015, 2016 oder 2017 sein könnte." Er habe eine Wohnung in Wien "und werde mit Sicherheit meinen Lebensabend nicht in Luxemburg oder Deutschland verbringen".

Kritik an parteipolitischem Zugriff

Zeiler kritisiert einmal mehr auch den parteipolitischen Zugriff auf den ORF: "Man kann kein Unternehmen, das so große Herausforderungen zu bewältigen hat wie der ORF - kreative, finanzielle und strukturelle - erfolgreich führen, wenn Personalbesetzungen bis zur Abteilungsleiter-Ebene von politischer Seite beeinflusst werden und ständig parteipolitische Personalwünsche geäußert werden. Das geht schlicht und einfach nicht. Da leidet die Professionalität und da leidet die Kreativität." Er nimmt dabei auch das Managment in die Verantwortung: "Es ist ein Problem, wenn eine ORF-Führung heute nicht Herr im eigenen Haus ist und glaubt, nur dann gewählt zu werden, wenn sie politische Postenbesetzungen akzeptiert. Das schadet dem Unternehmen nachhaltig."

Lob hat Zeiler in dem Zusammenhang für die ÖVP übrig, die ja öffentlich massiv versucht hatte, ihn als Gegenkandidaten für Wrabetz in Stellung zu bringen. "Mir wurde gesagt: Wir würden uns freuen, wenn Sie es sich überlegen und kandidieren. Wir erwarten von Ihnen nicht, dass Sie uns irgendwelche Personalwünsche erfüllen. Ich hätte sie ohnehin nicht erfüllt." Dass man ihn als schwarz-blauen Kandidaten punzieren wollte, ordnet der RTL-CEO den eigenen Parteifreunden zu: "Es ist von höchster sozialdemokratischer Stelle lanciert worden, was mich ja noch mehr belustigt hat."

Spitze gegen Brandstätter

Eine Spitze verpackte er auch noch gegen den Zeiler-skeptischen "Kurier"-Chefredakteur Helmut Brandstätter, der ihn per Kommentar des Kommerzkurses geziehen hatte: "Helmut Brandstätter hat es leider nicht überwunden, dass ich ihn als Geschäftsführer von n-tv absetzen musste, weil es sonst diesen Sender heute nicht mehr geben würde."

Mit der Absage Zeilers scheint das Rennen um die ORF-Generaldirektion ungewöhnlich früh entschieden. Der amtierende ORF-Chef Alexander Wrabetz, der derzeit über eine feste Mehrheit verfügt, gilt damit als derzeitiger Favorit. Als mögliche Gegenkandidaten zu Wrabetz werden auf bürgerlicher Seite Medienmanager Michael Grabner, ORF-Finanzdirektor Richard Grasl oder Online-Direktor Thomas Prantner gehandelt. Die Mehrheit im Stiftungsrat dürfte aber dem Amtsinhaber weiter sicher sein. Als wichtige Unterstützer von Zeiler galten SPÖ-intern die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller sowie der Wiener Bürgermeister Michael Häupl, die sich aber in der Frage offenbar nicht gegen die Vorgabe der Bundespartei stellen wollten. Kanzler Faymann hat sich strikt auf Wrabetz festgelegt, auch im Parteipräsidium der SPÖ ist die Materie bereits behandelt worden - ohne Widersprüche, wie zu hören war.

(APA)

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