ORF-Wahl: Zeiler gibt den Weg für Wrabetz frei

Zeiler gibt fuer Wrabetz
Zeiler gibt fuer Wrabetz(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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RTL-Chef Gerhard Zeiler wird sich nicht um den ORF-Chefposten bewerben. "Parteipolitische Personalbesetzungen schaden dem ORF", sagt Zeiler. "Es ist ein Problem, wenn eine ORF-Führung nicht Herr im eigenen Haus ist."

Auf den ersten Blick ist es überraschend, auf den zweiten sieht es eher aus wie ein Ritual. RTL-Chef Gerhard Zeiler (55) wurde immer wieder für Positionen in Österreich ins Gespräch gebracht, nicht nur für den ORF, auch für die Politik. Daraus geworden ist bisher nichts. „Ich habe überlegt, mich um den ORF zu bewerben“, erklärt Zeiler in einem „Profil“-Interview. Er habe sich jedoch dagegen entschieden. Die ÖVP bedauerte Zeilers Absage. „Eine Kandidatur Zeilers wäre für die Zukunft des ORF ein absoluter Glücksfall gewesen“, erklärte Klubobmann und Mediensprecher Karlheinz Kopf. Zeiler habe offensichtlich erkennen müssen, dass „seine Kandidatur von seinen SP-Parteifreunden nicht gewollt ist“. Der Stiftungsrat trifft seine Entscheidung am 9.August. Kopf warnte vor einer Wiederwahl von Wrabetz.


Grabner, Grasl, Prantner. Als mögliche Gegenkandidaten werden auf bürgerlicher Seite Medienmanager Michael Grabner, ORF-Finanzdirektor Richard Grasl oder Online-Direktor Thomas Prantner genannt. Es gehe „wesentlichen Teilen der Politik nicht darum, wer das Unternehmen am besten führen kann, sondern, wer willfährig parteipolitische Personalwünsche umsetzt“, sagt Zeiler, CEO der RTL-Group, in „Profil“ und weiter: „Ich habe viele Freunde in der SPÖ, und ich weiß, dass es viele in der SPÖ gern gesehen hätten, dass ich es mache.“ Ist es denkbar, dass Faymann Zeiler als ORF-General gar nicht wollte, weil er befürchtete, dieser könnte ihm mit möglichen politischen Ambitionen gefährlich werden? Zeiler: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Werner Faymann im Ernst so denkt. Außerdem: Dächte er so, müsste er ja froh sein, wenn ich im ORF festgenagelt wäre.“


Mit Leib und Seele Österreicher. Im Frühjahr 2009 habe Faymann ihn gefragt, ob er sich vorstellen könne, den ORF zu übernehmen, berichtet Zeiler: „Damals war meine Antwort: Wenn es wirklich ein breiter Wunsch wäre und man den ORF so führen könnte, dass er erfolgreich sein kann, würde ich es mir überlegen. Dann habe ich nichts mehr gehört – bis heute.“ Warum hat er überhaupt erwogen, sich zu bewerben? Er sei „mit Leib und Seele Österreicher“, betont Zeiler: „Das Land ist meine Heimat, und ich habe acht wunderbare Jahre im ORF verbracht, die ja auch der Grundstein für meine Karriere waren. Die Aussicht, dem ORF bei der Bewältigung seiner nicht unbeträchtlichen Probleme helfen zu können, hat mich überlegen lassen.“

Könnte er bei einer der nächsten ORF-Wahlen antreten? Zeiler: „Ich denke jetzt noch nicht darüber nach, was 2015, 2016 oder 2017 sein könnte.“ Er habe eine Wohnung in Wien und werde „mit Sicherheit“ seinen Lebensabend nicht in Luxemburg oder Deutschland verbringen.

Erneut kritisiert Zeiler die Parteipolitik im ORF: „Man kann kein Unternehmen, das so große Herausforderungen zu bewältigen hat wie der ORF– kreative, finanzielle und strukturelle –, erfolgreich führen, wenn Personalbesetzungen bis zur Abteilungsleiterebene von politischer Seite beeinflusst werden und ständig parteipolitische Personalwünsche geäußert werden. Da leiden die Professionalität und die Kreativität. Es ist ein Problem, wenn eine ORF-Führung nicht Herr im eigenen Haus ist und glaubt, nur dann gewählt zu werden, wenn sie politische Postenbesetzungen akzeptiert. Das schadet dem Unternehmen sehr.“


Burgstaller, Häupl inoffiziell für Zeiler. Die ÖVP hätte Zeiler gern gesehen: „Mir wurde gesagt: ,Wir würden uns freuen, wenn Sie es sich überlegen und kandidieren.‘ Wir erwarten von Ihnen nicht, dass Sie uns irgendwelche Personalwünsche erfüllen. Ich hätte sie ohnehin nicht erfüllt.“ Die Mehrheit im Stiftungsrat dürfte ORF-General Wrabetz nun sicher sein. Kanzler Faymann hat sich strikt auf Wrabetz festgelegt, trotz Widerstands von Salzburgs Landeshauptfrau Gaby Burgstaller und Wiens Bürgermeister Michael Häupl, die sich aber nicht gegen die SP-Parteilinie stellen wollten. bp/apa

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2011)

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