Trotz massiver Kritik hält die Regierung in Kopenhagen an der geplanten Wiedereinführung von Grenzkontrollen fest. Dies geschehe in voller Übereinstimmung mit den Pflichten des Schengen-Vertrags.
Kopenhagen. Trotz massiver Kritik aus dem In- und Ausland hält die dänische Regierung an ihren Plänen für verschärfte Kontrollen an den Grenzen fest. Dies geschehe in voller Übereinstimmung mit den Pflichten des Schengen-Vertrags, versichert das bürgerliche Kabinett und weist Warnungen zurück, dass der Beschluss negative Signale sende. Am heutigen Freitag will die Regierung die Pläne vom Finanzausschuss des Parlaments endgültig absegnen lassen.
„Wir ändern kein Komma“, betont Pia Kjærsgaard, die Vorsitzende der rechten Dänischen Volkspartei (DVP), auf deren Forderung die neuen Regeln zurückgehen: Sie waren der Preis, den die liberal-konservative Minderheitsregierung für die Zustimmung der DVP zur Frührentenreform bezahlen musste. Während die DVP die „feste Kontrolle an unseren Grenzen“ herausstreicht und glaubt, damit dem Volkswillen Rechnung zu tragen, betont die Regierung, dass es sich nicht um (nach Schengen-Vertrag verbotene) polizeiliche Maßnahmen, sondern nur um mehr Zöllner zur Einreisekontrolle handle.
Dies handhabten zumindest acht andere EU-Länder genauso, behauptete der für Zollfragen zuständige Steuerminister Peter Christensen. Auf Nachfrage änderte sein Ministerium die Zahl auf sechs, musste sich jedoch von allen sechs Ländern belehren lassen, dass dies nicht stimmt: Weder Deutschland, Schweden, Litauen, Polen, Finnland noch Portugal haben permanente Zollüberwachungen. Auch Kritik der Nachbarländer und der EU-Kommission blieb ungehört.
„Die Grenze ist eine nationale Angelegenheit“ und gehe weder die EU noch die Nachbarländer etwas an, polterte Kjærsgaard. Aber selbst regierungsfreundliche Organisationen stimmen mittlerweile in den Kritikerchor ein. Die Kontrollen unterstützten „weder Offenheit noch Internationalisierung“, sondern sendeten „das gegenteilige Signal“, sagt Karsten Dybvad vom Industrieverband. „Der Plan macht es uns nicht leichter, Dänemark als offenes Land zu vermarkten“, stimmt Katia Østergaard von der Tourismus-Branchenorganisation Horesta ein. „Wir brauchen viel Geld, um Kopenhagen als ,Openhagen‘ zu branden. Da ist es kontraproduktiv, wenn man gleichzeitig geschlossene Grenzen signalisiert.“
Die Regierung begründet die Kontrollen mit der Bekämpfung der Kriminalität durch „osteuropäische Banden“. Kritiker spötteln, dass man dann zwar einen „leeren Lieferwagen aus Rumänien“ kontrollieren könne, nicht aber, wenn dieser „mit Diebsgut gefüllt“ Dänemark wieder verlasse. Ausreisekontrollen sind nämlich nicht vorgesehen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2011)