Opec: „Es ist genug Öl auf dem Markt“

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Iran und Venezuela verhindern, dass die Opec den Ölhahn aufdreht. Prompt warnen die USA vor Ölknappheit. Doch nicht nur die Opec, auch Analysten geben Entwarnung. Man werde den Markt weiter beobachten.

Wien/Est/Auer. Geht es nach der Einschätzung der USA, so ist Feuer am Dach. Als weltweit größter Ölverbraucher schlug die amerikanische Präsidentenadministration in der Nacht auf Donnerstag Alarm. „Wir denken, dass wir uns in einer Situation befinden, in der das Ölangebot nicht ausreichend ist, um die Nachfrage zu decken“, sagte der amerikanische Präsidentensprecher Jay Carney in Washington. Aber auch der saudiarabische Ölminister Ali al-Naimi sprach angesichts einer starken Nachfrage im kommenden halben Jahr von einem „gefährlichen Mangel“ an Rohöl auf dem Weltmarkt. Beide Staatsvertreter reagierten damit auf die unerwartete Entscheidung der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) am Mittwoch in Wien, die Fördermenge vorerst doch nicht auszuweiten. Der Ölpreis zog unmittelbar darauf am Mittwoch an und ging auch am Donnerstag leicht nach oben.

Blockierern fehlen Kapazitäten

Der hohe Ölpreis von 127 Dollar je Fass (159 Liter) im April war Grund für das Treffen des Kartells, das für 40 Prozent der weltweiten Ölförderung steht.

Just die Opec-Mitglieder Iran und Venezuela, beileibe keine Intimfreunde des größten Ölverbrauchers USA, haben sich am Mittwoch als Rädelsführer hervorgetan. Gemeinsam mit Algerien, Angola, Ecuador und Libyen brachten sie den Vorschlag Saudiarabiens, den Ölhahn aufzudrehen, letztlich zu Fall. Zur Diskussion war gestanden, ob die Fördermenge im dritten Quartal um zwei Mio. Fass und im vierten Quartal um 1,5 Mio. Fass erhöht würde.

Während die „Nichtentscheidung“ am Mittwoch offiziell mit der Uneinigkeit der Mitglieder über die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft erklärt wurde, dürfte der wahre Grund in der unterschiedlichen Ausgangslage der Förderländer liegen. Denn jene Opec-Mitglieder, die die Entscheidung verhinderten, haben selbst kaum Kapazitäten, ihre Förderung zu erhöhen. Saudiarabien hingegen, das Land mit den größten freien Kapazitäten in der Opec, könnte die diskutierte Erhöhung theoretisch auch im Alleingang füllen.

Dementsprechend nüchtern kommentierten viele Experten die Aufregung der USA als Sturm im Wasserglas. Es wird erwartet, dass die Ölnachfrage im dritten Quartal um 1,5 Mio. Fass steigen wird. Zweifel, dass diese auch geliefert werden, gibt es kaum.

Auch Opec-Generalsekretär Abdullah El-Badri versuchte am Donnerstag auf dem World Economic Forum in Wien, die aufgeheizte Situation zu beruhigen. Es sei ausreichend Öl vorhanden, die Lagerbestände seien hoch, erklärte er. Faktum sei, dass Saudiarabien versuche, Öl auf den Markt zu pumpen, aber niemand es kaufe. Die Schuld am hohen Ölpreis liege nicht bei den Produzenten, wiederholte El-Badri seine traditionelle Argumentation, sondern bei den Spekulanten und der Steuerpolitik der Abnehmer.

Altes Preisband gilt nicht mehr

Man werde den Markt jedoch weiter sorgfältig beobachten: „Wenn drastische Bewegungen stattfinden, werden wir unsere Mitgliedstaaten alarmieren.“

Der Ölpreis, der nach einem Hoch von 145 Dollar je Barrel zu Beginn der Finanzkrise um 70 Prozent abgestürzt war, kletterte in den vergangenen Monaten wieder über die Hundert-Dollar-Marke. Die von der Opec früher angegebene Preisspanne von 75 bis 85 Dollar je Barrel sei jedoch aufgrund der steigenden Inflation und höherer Lebensmittelpreise keine Richtlinie mehr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2011)

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