Sprossen gelten als wahrscheinlichste Quelle der Keime. Drei Mitarbeiterinnen des gesperrten Biohofes tragen den aggressiven Darmkeim in sich.
Der EHEC-Verdacht gegen Sprossen aus Bienenbüttel erhärtet sich. Drei Mitarbeiterinnen des gesperrten Biohofes in Niedersachsen tragen den aggressiven Darmkeim in sich. Außerdem steht jetzt definitiv fest: Auf dem Gemüse ist der aggressive EHEC-Typ O104.
Am Freitag haben Lebensmittelkontrolleure erstmals den EHEC-Typ O104 in einer Packung Sprossen nachgewiesen, die nach den bisherigen Erkenntnissen aus dem Erzeuger-Betrieb im niedersächsischen Bienenbüttel stammen.
Der Nachweis gelang Forschern des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts Rhein-Ruhr-Wupper. Die Sprossen-Packung hatte sich demnach im Mistkübel einer Familie befunden, in der zwei EHEC-Erkrankungen registriert worden waren. Ein Familienvater hatten die Sprossen den Behörden übergeben. Er hatten keine Sprossen gegessen und blieb gesund, während seine Frau und seine Tochter schwer erkrankten.
Entwarnung für Gurken, Tomaten und Salat
Die deutschen Behörden hatten am Freitag die Warnung vor dem Verzehr von Gurken, Tomaten und Blattsalat aufgehoben. Aber "der Ausbruch ist noch nicht vorbei", warnt der Chef des Robert-Koch-Instituts, Reinhard Burger. Mit hoher Wahrscheinlichkeit seien Sprossen für den Ausbruch verantwortlich. Vor allem rohe Sprossen sollten nicht gegessen werden, teilte das Bundesinstitut für Risikobewertung mit.
Der unter EHEC-Verdacht stehende Biohof in Bienenbüttel wurde komplett gesperrt und darf kein Gemüse mehr in den Handel liefern. Der Betrieb sei als Hauptauslöser für die EHEC-Erkrankungswelle in Deutschland ausgemacht worden.
Österreichs Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) hat sich über die teilweise Aufhebung der Warnung gefreut: "Das ist eine positive Nachricht für unser Nachbarland und auch für uns. Ich bin überzeugt, dass sie dazu führen wird, das Konsumentenvertrauen in Europa und somit auch Österreich wieder zurückzuerobern."
Kein Anlass zur Sorge
In Österreich wurde der deutsche EHEC-Stamm nie nachgewiesen, wie Pamela Rendi-Wagner, Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit, im Ö1-Mittagsjournal betonte. Hierzulande habe es keinen Anlass zur Sorge gegeben. Dass es sich in Deutschland bei dem Auslöser um rohes Gemüse gehandelt haben könnte, wurde aufgrund des Geschlechts und des Alters der Opfer angenommen: meist erwachsene Frauen, die sich gesund ernährt haben. Dennoch: "Der endgültige Beweis ist bisher in Deutschland ausgeblieben", so Rendi-Wagner.
Bakterien auf Sprossen in Holland entdeckt
Auch in den Niederlanden sind bei einem weiteren Agrarbetrieb EHEC-Bakterien auf Sprossen von Roter Rüben entdeckt worden. Wie bei dem ersten Fund vor wenigen Tagen handele es sich aber nicht um den gefährlichen Typ O104:H4, der die Infektionswelle in Deutschland ausgelöst habe, teilte das Gesundheitsministerium in Den Haag am Samstag mit. Es ordnete zugleich die Vernichtung der betroffenen Sprossen beim Lieferanten sowie im Handel an.
Zur Warnung für Verbraucher veröffentlichte die zum niederländischen Agrarministerium Haag gehörende Behörde für Lebensmittel und Warenprüfung (VWA) auf ihrer Website Etiketten der betroffenen Sprossen-Produkte. Um welchen konkreten EHEC-Typ es sich dabei handelt, blieb zunächst unklar.
Russland fordert Sicherheitsgarantie
Russland will die Einfuhr von Gemüse aus den 27 EU-Staaten nur mit einer Sicherheitsgarantie wieder erlauben. Kremlchef Dmitrij Medwedjew und die Spitze der EU-Kommission verständigten sich auf ihrem Gipfel in Nischni Nowgorod auf das weitere Vorgehen in dem Streit um den Gemüseboykott. Das Gemüse soll speziell auf EHEC geprüft und mit einem Laborzertifikat versehen werden. Darüber, in welcher Form diese Dokumente ausgefertigt werden, müssen sich beide Seiten aber noch einigen.

(Ag.)