Die größte Dienstwaffe der Republik

Wasserwerfer groesste Dienstwaffe Republik
Wasserwerfer groesste Dienstwaffe Republik(c) Dapd (Axel Heimken)
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Die einzigen zwei Wasserwerfer des Landes stehen in Wien. Im Einsatz waren sie schon oft, auch zuletzt beim Weltwirtschaftsforum, "scharf" geschossen haben sie noch nie - das wäre Dienstwaffengebrauch.

Wenn die Fahrzeuge mit den Kennzeichen BP-1381 und BP-1382 ausrücken, ist Feuer auf dem Dach. Jeweils 18Tonnen schwer sind sie rollende Festungen, die im Ernstfall 4000 Liter flüssige „Munition“ geladen haben. Immer wieder hinter dem Lenkrad sitzt dann Gruppeninspektor Walter Trimmel von der Wiener Sondereinheit Wega. Als einzige Abteilung in Österreich führt sie zwei Wasserwerfer im Fuhrpark, die bei außer Kontrolle geratenen Demonstrationen und Ausschreitungen aller Art zum Einsatz kommen.

Theoretisch. Praktisch haben die Gefährte noch nie „scharf“ geschossen. Auch nicht in der abgelaufenen Woche, als das Weltwirtschaftsforum in der Hofburg getagt hat. Irgendwie ist selbst der harte Kern der Demonstranten hierzulande gemütlicher als anderswo. Gruppeninspektor Trimmel kann das nur recht sein.

Kommen die Wasserdüsen des Fahrzeugs tatsächlich zum Einsatz, ist das nämlich ein Dienstwaffengebrauch. Und der ist immer heikel. Was tut also einer, der eine Waffe bedient, die niemals schießt, den ganzen Tag?

„Es ist ja nicht so, dass wir hier den ganzen Tag sitzen und darauf warten, dass der Wasserwerfer gerufen wird“, sagt Trimmel, seit 29 Jahren bei der Wega. Eigentlich ist der 49-Jährige Teil der Technischen Einsatzgruppe, die zum Beispiel bei der Stürmung von Wohnungen die Eingangstür öffnet. Auch die anderen 30 Kollegen, die speziell für den Einsatz am Wasserwerfer geschult wurden, haben innerhalb der Wega andere Funktionen inne.

Gekauft wurden die Fahrzeuge im Jahr 2003. Im selben Jahr kam es im Zuge einer Demonstration zu den bisher einzigen „scharfen Schüssen“ von Wasserwerfern in Österreich. „Geschossen“ haben damals allerdings noch die Vorgängermodelle. „In den neuen sitzt man wie in einer Burg“, sagt Trimmel, und klettert die Stufen in den haushohen Führerstand hinauf. Rückt die Maschine aus, ist hier drinnen der sicherste Ort. Alle Scheiben sind mit Stahlgitter geschützt, die Reifen schusssicher. Rund um das Fahrzeug, das vom Feuerwehrausstatter Rosenbauer gebaut wird, ist eine Löschanlage installiert. Sie soll Brände, die von Molotow-Cocktails ausgelöst wurden, löschen.

An der Front des Fahrzeugs prangt ein Räumschild, eine Art Schneepflug für Barrikaden. Brennende Reifen, Mülltonnen und Absperrgitter schiebt das 340 PS starke Gefährt spielend zu Seite. Dabei brummt im Heck noch ein zweiter Motor, dessen 170 PS allein für den Betrieb der Wasserdüsen zur Verfügung stehen. Und vor denen haben selbst Mitglieder des sogenannten „schwarzen Blocks“ Respekt.

Die zwei Hauptwerfer auf dem Dach spritzen das Wasser mit einem Druck von zehn Bar 50 Meter weit, jeweils 1200 Liter pro Minute. Wenn es kalt ist, über die Köpfe der Zielpersonen hinweg. So steht es in der Dienstvorschrift, die darauf vertraut, dass es auch Aufwiegler gern warm und trocken haben. Nützt der Sprühregen nichts, ist Trimmel darauf geschult, die Düsen mittels Joystick auf die Beine der Betroffenen zu richten. Das soll dann selbst Hartgesottene wie den „Rapid-Griechen“ umhauen, der es vor einigen Wochen als ganzkörpertätowiertes Schwergewicht nach den Ausschreitungen rund um das Wiener Fußballderby auf mehrere Zeitungstitelseiten geschafft hat.

Es sind Veranstaltungen wie diese, zu denen Trimmel mit „seinem“ Wasserwerfer ausrückt. „Meistens stehen wir ein paar Häuserblocks weiter, um die Menge nicht zu provozieren.“ Im Ernstfall steht der Besatzung nicht nur Wasser zur Verfügung. Auf Knopfdruck lassen sich Farbe und Tränengas beimischen. Dessen Wirkung ist bekannt. Die Farbe erfüllt den Zweck, Straftäter, die man später festnehmen will, zu markieren. Die Alarmpakete in den Geldkassetten von Banken funktionieren ähnlich. Theoretisch, wie gesagt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2011)

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