Der Premier hatte zum Boykott der Abstimmung gegen Atomkraft und ein Immunitätsgesetz aufgerufen. Mehr als die Hälfte der Wahlbeteiligten stimmten ab. Mehr als 90 Prozent stimmten dagegen.
Die Italiener haben die Atompläne ihrer Regierung abgelehnt: Bei einem Referendum, zu dem 50 Millionen Wähler aufgerufen waren, erteilten sie den Plänen der Regierung Berlusconi für eine Rückkehr zur Atomenergie eine klare Absage. Laut vorläufigen Ergebnissen des Innenministeriums wurde ein Quorum von 57 Prozent erreicht. Für die Gültigkeit des Referendums war eine Mindestbeteiligung von 50 Prozent erforderlich. Damit musste Ministerpräsident Silvio Berlusconi zwei Wochen nach einer Wahlschlappe bei den Kommunalwahlen eine weitere Niederlage hinnehmen. Vergebens hatte der Premier an die Italiener appelliert, die Volksabstimmung zu boykottieren.
Mehr als 90 Prozent gegen Berlusconi
Das "Ja" gegen die Atompläne der Regierung lag laut vorläufigen Ergebnissen bei 92 Prozent. Die Italiener lehnten auch Berlusconis Pläne zur Privatisierung von Wasserbetrieben mit 95 Prozent ab. Laut einem bereits verabschiedeten Gesetz der Regierung hätten ab 2012 alle Italiener von vollkommen oder zum Teil privatisierten Gesellschaften mit Wasser versorgt werden sollen. Die kommunalen Wasserversorgungsgesellschaften hätten mindestens einen 40-prozentigen Anteil ihres Aktienpakets an Private vergeben sollen.
Abgelehnt wurde auch ein umstrittenes Immunitätsgesetz, das bereits zum Teil vom Verfassungsgericht im Jänner für rechtswidrig erklärt worden war. 94 Prozent stimmten laut vorläufigen Ergebnissen gegen das Gesetz. Der Regierungschef und seine Minister durften demnach amtliche Verpflichtungen als Hinderungsgrund geltend machen, um nicht vor Gericht erscheinen zu müssen. Damit konnte sich der Premier selbst von Gerichtsverhandlungen dispensieren. Die Initiatoren des Referendums vertraten die Auffassung, das Immunitätsgesetz verstoße gegen das Prinzip der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz.
Opposition jubelt
Premier Berlusconi gestand die Niederlage ein. Italien müsse jetzt auf die Aussicht eines Wiedereinstiegs in die Atomenergie verzichten und sich auf die Produktion erneuerbarer Energien konzentrieren. Die oppositionelle Demokratische Partei (PD), Italiens stärkste Oppositionspartei, feierte mit Enthusiasmus das Ergebnis der Volksabstimmung. "Eine derart starke Wahlbeteiligung gegen entscheidende Gesetze der Regierung Berlusconi bezeugt eine politische Trendwende in Italien, die der Premier nicht ignorieren kann", meinte PD-Präsidentin Rosy Bindi.
Arbeitsminister Maurizio Sacconi bestritt, dass die Volksabstimmung ein politisches Signal gegen Berlusconi sei. "Das Ergebnis des Referendums wird die Arbeit der Regierungskoalition nicht erschweren", meinte Sacconi. Die Regierung Berlusconi habe ohnehin schon beschlossen, ihre Atompläne einzufrieren.
Seit 1995 war in Italien die Mindestbeteiligung für die Gültigkeit von Volksabstimmungen, die etwa 25 Millionen Stimmen entspricht, nicht mehr erreicht worden.
(Ag.)