IWF-Chefposten: Stanley Fischer ist zu alt

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Das IWF-Direktorium hat die Kandidatur des israelischen Zentralbankchefs abgewiesen. Kandidaten für den Posten dürfen laut Statuten nicht älter als 65 Jahre alt sein. Fischer aber ist 67 Jahre alt.

Wien/Reuters/Hie. Es handle sich um eine außergewöhnliche und unerwartete Chance, die sich vielleicht nie wieder ergeben werde, sagte der israelische Notenbankchef Stanley Fischer und bewarb sich für den Chefsessel des Internationalen Währungsfonds (IWF). Nun ergibt sich die Chance überhaupt nicht: Denn der Weltwährungsfonds wollte Fischers Kandidatur nicht akzeptieren. Die Begründung: sein Alter. Kandidaten für den Posten dürfen laut Statuten nicht älter als 65 Jahre alt sein. Fischer überschreitet diese Grenze um zwei Jahre.

Ohnehin ist fragwürdig, ob er es im Rennen um den Chefposten weit gebracht hätte: Fischer ist nicht nur israelischer Staatsbürger, sondern hat auch die US-Staatsbürgerschaft. Auch das wäre ein Regelbruch: Der Tradition nach stellen die USA den Direktor der Weltbank, die Europäer dafür den IWF-Chef. Und noch ein Nachteil: Fischers späte Kandidatur.

Lagarde weiter Favoritin

Frankreichs Wirtschaftsministerin Christine Lagarde und ihr Konkurrent aus Mexiko, Agustín Carstens, haben die letzten Wochen nämlich für ihren Wahlkampf genützt. Nach Fischers Ausscheiden sind nur noch die beiden im Rennen. Die Bewerbungsfrist um die Nachfolge von Strauss-Kahn, der wegen Vergewaltigungsvorwürfen zurückgetreten ist, ging Freitagnacht zu Ende. Am Montag erklärte das Direktorium, Lagarde und Carstens – der 53-Jährige ist Chef der mexikanischen Zentralbank – hätten die Voraussetzungen für die Kandidatur erfüllt. Eine Entscheidung soll bis Ende Juni stehen.

Als Favoritin gilt jedenfalls weiter Lagarde: Die Unterstützung der Europäer hat sie auf jeden Fall in der Tasche, auch die afrikanischen Länder dürfte sie überzeugt haben. Einziges Handicap: Lagarde könnte eine Anklage wegen Amtsmissbrauchs und Begünstigung drohen. Entschieden wird darüber allerdings erst im Juli – die Würfel im IWF sollten da längst gefallen sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2011)

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