Strache: "Sind die letzte Hoffnung"

Strache Sind letzte Hoffnung
Strache Sind letzte Hoffnung(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache erhebt mit der Musketier-Parole "Einer für alle, alle für einen" den Kanzleranspruch. Die Regierung würde er verkleinern, Südtirol gerne "heim ins Vaterland Österreich holen".

Es braucht eine Halbzeit bis zum ersten Tor: Erst nach 45 Minuten gibt es das erste (und einzige Mal bis zum Schlussapplaus) Standing Ovations für Heinz-Christian Strache.  „Ich wäre der bessere Kanzler“ – diese Kampfansage des FPÖ-Obmanns hebt die 558 Delegierten des Parteitags der Freiheitlichen in Graz aus ihren Sesseln. Am Ende werden ihn 94,36 Prozent der Stimmberechtigten als Parteiobmann bestätigen. 2009 sind es noch 97,23 Prozent gewesen.

Strache ist dennoch zufrieden und zuversichtlich. Es sei zwar „keine g'mahte Wiesn“, versucht der blaue Parteichef die von jüngsten Umfrageerfolgen gespeiste Euphorie der Basis in realistische Bahnen zu lenken. Aber bei der nächsten Nationalratswahl 2013 bestehe die Möglichkeit, „das Ruder herumzureißen“. Eine „Zeitenwende“ stünde bevor. Auch die diesbezügliche Rolle seiner Partei hat er klar definiert: „Wir sind die letzte Hoffnung.“

Straches Grundsatzrede liefert nach den Ankündigungen und der Vorabpräsentation des neuen Parteiprogramms in den letzten Tage inhaltlich jedoch wenig Neues, um diese These zu untermauern. Es ist die bekannte spitze Oppositionskritik an der „Unfähigkeit, Inkompetenz und Unwilligkeit der rot-schwarzen Politikversager“, die Österreich je nach thematischer Kulisse „zwangsenteignet“, „verzockt“ oder „an die Wand gefahren“ hätten. Als Alternative präsentiert Strache sein „Zukunftskabinett“. Da das Nennen von konkreten Schattenministern zuletzt innerparteiliche Kritik – unter anderem seitens des steirischen Landeschefs Gerhard Kurzmann in der „Presse“ – hervorgerufen hat, müht sich Strache über zehn Minuten und durch umständliche Erklärungen, um die Konkretheit seines Vorstoßes zu relativieren. Denn natürlich wäre es „unredlich“ für jedes Ressort nur eine ministrable blaue Option zu nennen. Eigentlich könne er ja „hundert Persönlichkeiten“ für die zu besetzenden Ministerämter nennen – vor wenigen Tagen waren es in einem Interview gar tausend gewesen.

So ist Strache augenscheinlich bemüht, für jedes Ressort zumindest drei potenzielle Alternativkandidaten zu nennen. „Weil ich aber nicht alle aufzählen kann“ (Strache) fallen dabei erst wieder die schon genannten Namen von Vize-Parteichef Norbert Hofer, dem Wiener Klubchef Johann Gudenus, dem Generalsekretär der Bundespartei Herbert Kickl, dem oberösterreichischen Landesrat Manfred Haimbuchner oder dem außenpolitischen Sprecher Johannes Hübner. Berücksichtigt werden dieses Mal aber auch die Steirer und selbst die Kärntner FPK-Verbündeten. Außerdem würde er die Regierung um vier Minister und zwei Staatssekretäre verkleinern.

Das föderalbunte Name-Dropping dient als Begleitmusik für einen deftigen Rundumschlag Straches gegen die rot-schwarze Koalition. Bundeskanzler Werner Faymann sei ein „SPÖ-Aparatschik“, dem es „an allen Ecken und Enden fehle“, der ÖVP-Außenminister ein „Mann ohne Eigenschaften“. Es sind aber vor allem die Verantwortlichen von Ressorts, die als blaues Hoffnungsgebiete gelten, auf die sich Strache einschießt: Verteidigungsminister Norbert Darabos sei ein „unfähiger und feiger Wehrdienstverweigerer“, Sozialminister Rudolf Hundstorfers Mindestsicherung „die größte asoziale Schandtat der Zweiten Republik und eine Ungerechtigkeit der Sonderklasse“, der Linie des ÖVP-geführten Innenministeriums fehle es an Mut und Konsequenz beim Umsetzen der angekündigten „harten Worte“.

Aus den Parteizentralen von SPÖ und ÖVP kommt postwendend ein ebenso streitlustiges Echo. Strache habe nur „die üblichen Schimpftiraden gegen alles und jeden abgelassen“, höhnt SP-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas. ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch verunglimpft das von Strache präsentierte „Gruselkabinett als gefährliche Drohung für die Stabilität Österreichs“. Der Grünen-Vizechef Werner Kogler lästert über ein „rechtshysterisches Phrasengedresche“.

Strache selbst garniert die Frontalattacken gegen Rot-Schwarz mit strategischen Klarstellungen bezüglich der blauen Linie: Solange er Parteiobmann sei, werde er nicht als Erster den Zweiten oder als Zweiter den Dritten zum Kanzler machen, spielt er auf die Regierungsbildung von Schwarz-Blau an. Inhaltliche Schärfe bringt unter anderem Johann Gudenus: Er wettert gegen die „Zuwanderungsgeilheit und den Multikulitfetischismus“, der abgestellt gehöre: „Diesem Spuk muss ein Ende gesetzt werden“, fordert der Wiener. In einem von Strache selbst eingebrachten Antrag wird wiederum die „Selbstbestimmung für Südtirol“ konkretisiert: Man unterstütze die Bestrebungen „die deutschen und ladinischen Südtiroler enger an das Vaterland Österreich zu binden“. „Allenfalls als Vorstufe zur Heimkehr in das Vaterland Österreich“ solle Südtirol in einen „von Rom unabhängigen Freistaat innerhalb der EU“ umgewandelt werden. Das alles will Strache als „Liebeserklärung an die eigene Bevölkerung“ verstanden wissen. Man sei „in der Mitte der Gesellschaft angekommen“. Die knapp einhundert Demonstranten aus dem linken Lager, die vor Beginn für einen massiveren Polizeieinsatz sorgen, sehen das anders. „Nazis raus!“, skandieren sie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2011)

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