Riese Indonesien

Der ewig unterschätzte Riese Indonesien wird in Europa erstmals per Kulturfestival vorgestellt

Wenn es um Südostasien geht, reden alle immer von Thailand. Das unterschätzteste Land in der Region ist jedoch Indonesien. Die drittgrößte Demokratie und das viertgrößte Land der Welt, 240 Millionen Einwohner (zwei Mal Russland!) auf 18.000 Inseln wird in Europa kaum wahrgenommen, gilt aber längst als asiatische Führungsmacht.

Dem schlafenden Riesen haftet wegen Terroranschlägen (Bali) und Separatistenbewegungen (Aceh) das Hautgout des unappetitlichen Islam an, was jedoch nicht mit der Realität übereinstimmt. Der „Tropenislam“ hat im letzten Jahrzehnt die islamistischen Parteien abgewählt und zudem den Einfluss des Militärs zurückgedrängt. Terror-Prediger Bashir sitzt zudem nach einem Urteil der „Freunde des Teufels“ (so er selbst), die „die Scharia missachten“, in Jakarta 15 Jahre in Haft.

Das „Jakarta Berlin Arts Festival“ (25. Juni bis 3. Juli, www.jakarta-berlin.de) lässt nun in der deutschen Hauptstadt den Inselstaat und Europa exemplarisch verschmelzen. Über 100 Künstler und Ensembles der Sparten Theater, Tanz, Performance, Musik, Bildende Kunst, Kampfkunst, Literatur, Puppenspiel oder Mode sind zum ersten und sicher einzigen Mal in Berlin zu Gast und machen indonesische Kultur großflächig sichtbar. Das Festival bietet einen seltenen Einblick in die kulturellen Eingeweide des schwer überblickbaren Gigantenstaats. Ab nächstem Wochenende können europäische Berlin-Besucher ganz ohne Langstreckenflug die relevantesten Kulturhappen aus Indonesien zu sich nehmen – und dabei klassisches Falsch-Reisen betreiben. Auch Franz Kafka war bekanntlich nicht in Amerika.

Blog: www.amanshauser.at


Nächste Woche:
Timo Völker.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2011)

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