»Wir Professoren stören nur«

Volkswirt Friedrich Schneider berechnet hohes Sparpotenzial für Gemeinden – und zieht damit den Protest der Bürgermeister auf sich.

Der Gemeindebund warnt vor »falschen Propheten«, die der Öffentlichkeit viel zu hohes Einsparungspotenzial bei den Gemeinden vorgaukeln. Ich fürchte, damit sind vor allem Sie gemeint.

Friedrich Schneider: Ich habe für meine Berechnungen ganz einfache Beispiele aus Oberösterreich herangezogen. Da haben einige Gemeinden freiwillig kooperiert und ihre drei Bauhöfe und Schneedienste in fünf Kilometern Umkreis zusammengelegt. Viele solche Initiativen bringen in Summe zehn Prozent Einsparung. Das zeigen Beispiele aus Deutschland und der Schweiz. Das Ergebnis lässt sich hochrechnen, und dann kommt ein absolutes Potenzial von 800 Millionen Euro für ganz Österreich heraus. Dazu stehe ich.

Wundern Sie sich über die heftige Kritik?

Ich verstehe nicht, dass Präsident Mödlhammer mich nicht anruft, sich die Studie einfach schicken lässt und sich ernsthaft damit auseinandersetzt. Stattdessen richtet er mir über die Medien solche Dinge aus. Mein Daten sind seriös und keine Wunschzahlen an das Christkind. Der Gemeindebund diskutiert das nicht ernsthaft und vergleicht Äpfel mit Birnen. Aber ich wundere mich nicht. Ich lebe jetzt 25 Jahre in Österreich und kämpfe schon lange ohne Erfolg gegen die ineffiziente Verwaltung. Da tut sich nichts.

Warum so resignativ?

Schauen Sie sich Linz an: Die Bezirke Linz Stadt und Linz Land haben ihre Behörden beide in der Stadt, nur eine Steinwurfweite voneinander entfernt. Wer aus dem Umland einen neuen Pass braucht, muss also sowieso nach Linz fahren. Dennoch gibt es zwei Passstellen. Warum? Wegen der politischen Farbenlehre: rote Stadt, schwarzes Land. Gemeinden, Städte, Bezirke – das sind alles kleine Königreiche, und niemand will auch nur ein klein wenig von seinem Einfluss abgeben. Wirtschaftlichkeit spielt keine Rolle, da steckt ausschließlich Politik dahinter. Wir Uni-Professoren stören da nur mit unseren Berechnungen. Wir bräuchten wirklich ein gutes Stück mehr Ehrlichkeit in den Diskussionen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2011)

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