Podiumsdiskussion. Die Wirtschaftskammer will Schüler mit ihrem „Unternehmerführerschein“ fit für den Berufseinstieg machen. Die Schule habe viele gesellschaftliche Entwicklungen verschlafen, so die Kritik.
Wien/Thea. Nur rund die Hälfte der heimischen AHS-Schüler verfügt über ausreichendes Wirtschaftswissen – und auch in anderen Schultypen liegt der Prozentsatz nicht wesentlich höher, das ergab eine Studie des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft. Bis heute scheinen viele Schulen an der Vermittlung von Wirtschaftskompetenz zu scheitern – die Gründe dafür sind vielfältig. Das zeigte auch eine Podiumsdiskussion beim „Internationalen Unternehmerführerschein-Kongress“ der Wirtschaftskammer.
Vor allem das Gesamtkonzept sei es, dass er in der Bildungspolitik vermisse, so die Kritik von Michael Landertshammer, Leiter der Abteilung für Bildungspolitik der Wirtschaftskammer: „Die Gesellschaft hat sich verändert – auch das Bildungssystem muss sich verändern. Wir müssen über Reformen nachdenken, die nicht nur den Zeitraum bis zur nächsten Wahl umfassen, sondern zehn oder 20Jahre in die Zukunft blicken.“ Die Ansprüche der Wirtschaft? „Wir brauchen Mitarbeiter, die selbstständig agieren können.“ Kein Schüler dürfe die Schule ohne „Wirtschaftsbasiswissen“ verlassen.
Unternehmerprüfung inklusive
Helfen soll dabei der sogenannte Unternehmerführerschein, den die WKO vor sieben Jahren ins Leben gerufen hat. Das gesetzlich anerkannte Bildungszertifikat ist mittlerweile europaweit erfolgreich. In Österreich wird der Führerschein auf freiwilliger Basis in Form von vier Modulen (das letzte ersetzt die Unternehmerprüfung) im Rahmen von Geografie- und Wirtschaftskunde, als Wahlpflichtfach, Freigegenstand oder als unverbindliche Übung angeboten.
Die Praktiker auf dem Podium forderten bessere Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsunterricht. Sogar an technischer Ausstattung für Mulitmedia-Unterricht mangle es oft, sagt etwa die Wiener AHS-Lehrerin Ulrike Tiefenböck. Auch der Fortbildungsbedarf unter Lehrern sei groß, so Ex-AHS-Landesschuldirektor Walter Feymann. Elisabeth Dittrich von der PH Wien will vor allem besser „begeistern. Nur so können wir ihnen den wichtigen Entrepreneurial Spirit mitgeben.“ Schülervertreter Oliver Möllners Forderung, der wohl alle zustimmten: „Verpflichtender Wirtschaftsunterricht in allen Schulen.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2011)