Hochschulen: Von der langsamen Annäherung an die Wirtschaft

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Analyse: Das Verhältnis zwischen Universitäten und Wirtschaft in Österreich ist schwierig. Unis brauchen mehr Drittmittel, die stärkere Vernetzung mit der Wirtschaft ist allerdings nicht allein ihre Aufgabe.

Sie ist schon jahrelang ein hochschulpolitischer Kampfbegriff: die unternehmerische Universität. Befürworter von Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit im Hochschulsektor liefern sich erbitterte Gefechte mit jenen, für die die Anpassung an den „Markt“ die Prinzipien der Universität verrät. Wer einmal den Kräften des Marktes in die Hände falle, der werde der vollen Kommerzialisierung von Forschung und Lehre nicht entrinnen – so überspitzt zitiert der renommierte Stanford-Professor Hans Weiler die Kritik an der „unternehmerischen Uni“.

Die Polemik ist symptomatisch für das schwierige Verhältnis zwischen Unis und Wirtschaft in Österreich. Es beginnt schon beim Geld – zweifellos das leidigste Thema für Österreichs Universitäten: Das eigentliche Problem scheinen auch künftig nicht die staatlichen Mittel zu sein.

Die öffentlichen Bildungsausgaben liegen in Österreich über dem EU-Schnitt (siehe Grafik). Seit jeher unterdurchschnittlich ist allerdings der private Anteil an der Uni-Finanzierung. Einnahmen aus Studiengebühren fehlen seit ihrer De-facto-Abschaffung im Jahr 2009 fast gänzlich. Auch beim Anteil an Drittmitteln, darunter etwa Geld aus der Wirtschaft, lag Österreich zuletzt mit 16 Prozent deutlich unter dem EU-Schnitt von 21 Prozent. Immerhin, die Entwicklung zeigt nach oben. Entgegen allen Befürchtungen stiegen die Drittmitteleinnahmen der Unis sogar im Krisenjahr 2010 an.

Auch Holschuld der Firmen

Die stärkere Vernetzung zwischen Universitäten und Privatwirtschaft wird im öffentlichen Diskurs allerdings meist als „Bringschuld“ der Unis gesehen. Eine Meinung, die David Campbell, Hochschulforscher an der Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Uni Klagenfurt, nicht teilt. Er hat ein Gegenmodell vorgelegt, das auch im Ministerium Anklang fand: Dem Konzept der „unternehmerischen Uni“ stellt er jenes der „Academic Firm“ gegenüber.

Wenn Universitäten beginnen, nach unternehmerischen Kriterien zu denken, sollte sich auch die Privatwirtschaft für die akademischen Werte öffnen, sagt Campbell. Firmen sollten ihren Mitarbeitern etwa ermöglichen, wissenschaftlich zu arbeiten und zu forschen – und im Gegenzug gezielt Personal rekrutieren, das gleichzeitig an akademischen Institutionen tätig ist, um sich so besser in universitäre Netzwerke einklinken zu können. Die Kosten seien gering: Oft reiche es aus, die Grundsätze in der Firmenphilosophie zu verankern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2011)

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