Ministerien müssen ihre Inserate offenlegen

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Nach monatelangen internen Verhandlungen und Kritik vom Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) an der bisherigen Vergabepraxis einigte sich die Regierung am Dienstag auf ein Medientransparenzgesetz.

Am Ende dürfte der Druck aus der Branche doch zu groß geworden sein: Nach monatelangen internen Verhandlungen und Kritik vom Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) an der bisherigen Vergabepraxis einigte sich die Regierung am Dienstag auf ein Medientransparenzgesetz. Es soll im Herbst im Nationalrat beschlossen werden und Licht ins Inseratendunkel des staatsnahen Bereichs bringen.

• Im Entwurf werden Ministerien, Länder und große Gemeinden (also alle, die vom Rechnungshof geprüft werden), Unternehmen der öffentlichen Hand und Kammern verpflichtet, ihre Werbeausgaben einmal halbjährlich (Jänner und Juli) der Medienbehörde KommAustria zu melden. Unter den 4600Rechtsträgern, die betroffen sind, befinden sich auch 1500Unternehmen – unter anderem die ÖBB, der Flughafen und der ORF.

• Anzugeben sind Inserate, Werbeaufträge und Medienkooperationen in Zeitungen und Zeitschriften, im Radio, Fernsehen und auf Websites, außerdem auch alle Förderungen, die an Medien vergeben werden. Einzelaufträge sind nicht meldepflichtig, aber eine „halbjährliche Summe der Ausgaben nach Rechtsträger und konkretem Medium“, wie es in der Regierungsvorlage nun heißt. Die KommAustria muss eine Website einrichten, auf der veröffentlicht wird, welche Rechtsträger ihren Meldungspflichten fristgerecht nachgekommen sind – und welche nicht.

Der Rechnungshof als Kontrollbehörde

• Die Mahnfrist beträgt vier Wochen, danach wird eine Verwaltungsstrafe bis zu 20.000Euro verhängt, im Wiederholungsfall bis zu 60.000Euro, wenn die Ausgaben nicht ausgewiesen werden. Bei Falschmeldungen drohen dieselben Pönalen. Die Prüfung obliegt dem Rechnungshof. Als „Bagatellgrenze“ wurden 10.000Euro pro Halbjahr und Medium (nicht pro Auftrag) vereinbart.

• Im Nationalrat brauchen SPÖ und ÖVP eine Zweidrittelmehrheit (und daher die Stimmen einer Oppositionspartei) für das Medientransparenzgesetz: Weil es in die Zuständigkeit der Länder und Gemeinden eingreift, die Kompetenzen des Rechnungshofs erweitert und der KommAustria neue Aufträge erteilt. In Kraft treten soll es 2012. Demnach müssten die Daten erstmals am 15.Juli gemeldet und spätestens am 15.September auf der Website veröffentlicht werden.

VÖZ: „Erhebliche Verbesserung“

Medienstaatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ) hat versprochen, dass durch diese Neuregelung nicht mehr länger „nur ein Stück der Werbetorte“ sichtbar sein werde, sondern die ganze. Diesem Befund stimmte auch Hans Gasser, Präsident des Verbandes Österreichischer Zeitungen, zu: „Es ist den Verhandlern der Koalition – Staatssekretär Josef Ostermayer und Klubobmann Karlheinz Kopf (ÖVP, Anm.) – zum vorgelegten Gesetz zu gratulieren, vor allem weil es im Vorfeld beträchtliche Skepsis gegeben hat, ob vonseiten der Politik dieser Schritt überhaupt gewollt und gesetzt wird“, sagte er zur „Presse“.

Der Entwurf stelle eine erhebliche Verbesserung zum Status quo dar und bedeute „einen großen und richtigen Schritt in Richtung Transparenz der öffentlichen Kommunikation und im Umgang mit Medien“. Österreich beende damit einen „inakzeptablen Zustand der Wettbewerbsverzerrung durch Steuermittel“. Der VÖZ sieht sich in seinen Kernforderungen bestätigt und regt an, auch Social-Network-Plattformen und Internetsuchmaschinen, die verstärkt Werbegelder absaugen, in das Gesetz miteinzubeziehen.

Auf einen Blick

Das Transparenzpaket besteht aus vier Teilen. Das Medientransparenzgesetz sowie das Lobbyisten- und Interessenvertreter-Gesetz passierten am Dienstag den Ministerrat. Die Teile drei und vier – Transparenz der Parteispenden und neue Regeln für die Parlamentarier – werden derzeit noch auf parlamentarischer Ebene verhandelt. In den nächsten Tagen erhalten die Oppositionsparteien konkrete Vorschläge. Das gesamte Paket soll im Herbst beschlossen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2011)

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