"Der Biber": Mel Gibson dreht durch!

(c) EPA (KEN REGAN / CANNES FILM FESTIVAL)
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Am Ende doch nur Depression im Spielzeugland: Jodie Foster versucht sich in ihrer Regiearbeit, die schizophrene Tragikomödie „Der Biber“, an einer Mischung aus schwarzer Satire und „inspirierendem“ Familiendrama.

Man kann nicht sagen, dass Der Biber geglückt ist, aber er ist doch einer der faszinierendsten Hollywoodfilme dieses Jahres: Bei ihrer Geschichte um Depression im Spielzeugland versucht sich Jodie Foster an einer Mischung aus schwarzer Satire und „inspirierendem“ Familiendrama, die nicht gut gehen kann – aber dank Hauptdarsteller Mel Gibson hat vor allem die dunkle Seite der Tragikomödie Faszinationskraft.
Als Walter Black, „hoffnungslos depressiver“ Manager einer Spielzeugfirma, treibt Gibson erst regungslos in seinem Swimmingpool, versucht sich bald darauf im Vollrausch aus dem Motelfenster zu stürzen (es scheitert im Slapstick an einer Duschstange, die er vom vorigen Selbstmordversuch nachzieht) und findet schließlich in einer Mülltonne seine Rettung: eine verlotterte Biberhandpuppe, die Black fortan für sich sprechen lässt – in der Originalfassung übrigens mit unerklärlichem Cockney-Akzent. Hinter schützender Fellpuppenhand wagt sich Walter zurück in den Kreis seiner Familie: Die Gattin (Jodie Foster höchstselbst) schöpft Hoffnung, als der Biber erklärt, vom Psychiater verordnet zu sein.

Die Stoffpuppe im Ehebett

Auch wenn der verbitterte ältere Sohn (Anton Yelchin) rebelliert – mit dem vorlauten Felltier hält Hoffnung bei den Blacks Einzug, und mehr Absurdität in den heiteren Schnittfolgen: Der Biber ist immer dabei, ob beim Joggen, unter der Dusche oder sogar im Bett mit der bedrängten Gattin. Ganz zu schweigen von der angeschlagenen Firma, wo Walter via Biber die Belegschaft zur Massenproduktion des „Mr. Beaver Wood-Cutting Kit“ motiviert. Der wird ebenso zum Hit wie die Geschichte des Handpuppen-Managers, den TV-Größen wie Jon Stewart einladen.
Diese Erlösungserzählung eines scheinbaren Spinners bekommt durch Gibsons eigene Spinnereien eine besondere Resonanz: Während der Dreharbeiten wurde der für antisemitische und sonstige Ausfälle berüchtigte Hollywoodstar von seiner Freundin wegen körperlicher und verbaler Tätlichkeiten geklagt. So wirkt Der Biber wie eine Antwort auf die Anschuldigungen, ermöglicht durch seine enge Freundin Foster, die ihn auch in den härtesten Zeiten verteidigt hat: Es ist einerseits Exploitation, die von den Gibson-Skandalen zehrt, anderseits wird der Stoff von der Regisseurin tief ergeben dem Hang zur vermenschlichenden Plattitüde überantwortet. Vor allem die Parallelhandlung um psychische und Beziehungsprobleme des älteren Sohnes bleibt trotz solider Jungdarsteller (neben Yelchin: Jennifer Lawrence) bieder-fades Formelkino. Wäre sie nur der Manie ihres zutiefst überzeugenden Hauptdarstellers gerecht geworden, Der Biber hätte ein Meisterwerk werden können.
Indes bleibt der Film so schizophren wie die Hauptfigur: Eine Hälfte – blasses Belehrungsstück. Die andere – der reine Wahnsinn. Als würde er buchstäblich um die Vergebung des Publikums spielen, durchläuft Gibson seine manisch-depressiven Verrenkungen mit einer Natürlichkeit, die verstört. Nachdem er die Kontrolle über seine Nager-Handpuppe zu verlieren scheint, steigert sich der dunkle Humor des Films zum veritablen Horror-Showdown – der kleine Holzsarg, den der Manager für seinen Biber zimmert, ist nur der Anfang . . . Das Ende gehört in einen anderen Film: Es ist halt doch nur eine Depression im Spielzeugland.

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