Strauss-Kahn auf freiem Fuß: Rufe nach Polit-Comeback

Dominique Strauss-Kahn
Dominique Strauss-Kahn(c) REUTERS (Allison Joyce)
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Sieben Wochen nach der Festnahme in New York ist der Ex-IWF-Chef wieder frei. Er könnte ins Rennen um die französische Präsidentschaft einstiegen.

Sieben Wochen nach seiner Festnahme in New York wegen des Verdachts der versuchten Vergewaltigung einer Hotelangestellten ist Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn wieder auf freiem Fuß. Der Hausarrest wurde aufgehoben. Unterdessen wachsen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zimmermädchens, das ihm erzwungenen Oralsex vorwirft.

Nach der überraschenden Wende in der Affäre wird in Paris bereits über ein politisches Comeback Strauss-Kahns gesprochen. In seiner Sozialistischen Partei (PS) wurden maßgebliche Stimmen laut, dem ehemaligen Favoriten für die Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr noch eine Chance zu geben.

"Nichts sollte ihn hindern"

"Nichts sollte Dominique Strauss-Kahn daran hindern, (bei den Vorwahlen) zu kandidieren", sagte Ex-Parteichef Francois Hollande, der ebenfalls antritt, der Zeitung "Libération". Indirekt sprach er sich für eine Verlängerung der Meldefrist aus. Diese läuft schon am 13. Juli ab.

An den geplanten Vorwahlen am 9. und 16. Oktober können nicht nur eingeschriebene PS-Mitglieder, sondern auch Sympathisanten teilnehmen. Nach derzeitigen Meinungsumfragen würde jeder Linkskandidat gegen den konservativen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy den Sieg davontragen.

Zweifel an Glaubwürdigkeit der Zeugin

"Der Fall ist einen Schritt näher an der Einstellung", schrieb die "New York Times" am Samstag. Es gebe zu viele Lücken in der Glaubwürdigkeit der Kronzeugin. Jüngste Enthüllung war der Inhalt eines abgehörten Telefongesprächs der 32-jährigen Frau aus Guinea mit einem Freund in einem Abschiebegefängnis in Arizona. Demnach soll sie diesem laut dem Zeitungsbericht sinngemäß gesagt haben: "Mach dir keine Sorgen, dieser Kerl hat viel Geld. Ich weiß, was ich tue."

Nach amerikanischen Medienberichten soll die Hotelangestellte auch falsche Angaben zu ihrer Einwanderung aus Guinea im Jahr 2002 sowie über ihre Erfahrungen in dem westafrikanischen Staat gemacht haben. Außerdem soll sie mit mutmaßlichen Kriminellen in Verbindung stehen. "Der Fall ist vorbei. Oder er sollte zumindest vorbei sein", schrieb das "Wall Street Journal".

Auch nach seiner Freilassung aus dem Hausarrest will sich Strauss-Kahn in der Öffentlichkeit bedeckt halten. "Er wird sich äußern, wenn jeglicher Verdacht beseitigt ist", sagte sein französischer Anwalt Jean Veil am Freitagabend dem Fernsehsender BFM TV. Dies werde dann sein, wenn Strauss-Kahn zurück in Frankreich sei. Ein Zeitpunkt dafür ist allerdings noch völlig ungewiss.

Reisepässe bleiben beim Gericht

Strauss-Kahn kam am Freitag strahlend aus dem Gericht in Manhattan, nachdem der Richter fünf der sechs Auflagen gegen ihn aufgehoben hatte. Die Reisepässe bleiben unter Verschluss, "DSK" darf die USA nicht verlassen. Aber die elektronische Fußfessel ist ebenso beseitigt wie die Kameras und die bewaffneten Wachen vor dem Appartement der Strauss-Kahns in Manhattan.

Die in bar gezahlte Kaution in Höhe von einer Million Dollar (701.213 Euro) bekommt der Franzose ebenso zurück wie eine Bankbürgschaft über weitere fünf Millionen Dollar.

Anwalt: "Die Tat hat stattgefunden"

Der Anwalt der Hotelangestellten, Kenneth Thompson, hält jedoch an den Vorwürfen fest. "Die Tat hat stattgefunden", sagte er unmittelbar nach der Freilassung. Sie habe beim Asylantrag nur deshalb falsche Angaben gemacht, weil sie in ihrer afrikanischen Heimat vergewaltigt worden sei und Angst gehabt habe, zurückgeschickt zu werden. "Sie hat Fehler gemacht. Aber deshalb ist sie doch dennoch das Opfer einer Vergewaltigung." In kriminelle Machenschaften sei sie nicht verwickelt.

Staatsanwalt Cyrus Vance, Sohn des früheren gleichnamigen US-Außenministers, sagte, dass er "nur der Wahrheit und den Fakten" verpflichtet sei: "Es ist die höchste Pflicht eines US-Staatsanwalts, dass die Rechte derer, die Hilfe bei der Justiz suchen, gewahrt bleiben." Aber es gehe um Gerechtigkeit: "Wir müssen für beide Seiten fair sein. Deshalb wäre es ungerecht gewesen, die Zweifel an der Zeugin nicht mitzuteilen." Trotz der Freilassung werde weiter ermittelt. "Der Fall ist noch nicht abgeschlossen. Wir werden weitermachen, wie es unsere Pflicht ist." Die nächste Verhandlung soll am 18. Juli stattfinden.

Die konservative Pariser Zeitung "Le Figaro" kritisierte am Samstag die amerikanische Justiz: "Sie wurde schon wegen ihres spektakulären und erniedrigenden Umgangs mit Menschen angeprangert, und jetzt kann man Empörung, ja sogar Ekel empfinden. Wie kann man einen Menschen auf der Grundlage einer einzigen ungewissen Aussage dem Urteil der Öffentlichkeit ausliefern? Die Auswirkungen dieser Justiz sind verheerend."

(Ag.)

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