Schulpflicht: Schmied gegen Sanktionen

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Der Staatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) ist für verstärkte Sanktionen bei Verletzungen der Schulpflicht, Unterrichtsministerin Claudia Schmied hält davon wenig. Oft sind die Strafen kaum exekutierbar.

Wien. Sollen Verletzungen der Schulpflicht strenger sanktioniert werden – oder nicht? Die Frage sorgt für erste Unstimmigkeiten zwischen Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) und Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ). Wie „Die Presse“ berichtete, rät der beim Innenministerium angedockte Expertenrat für Integration, den Einsatz von Sanktionen zu prüfen, wenn Eltern ihre Kinder am Schulbesuch hindern oder „nicht aktiv“ unterstützen; auch Kurz sprach sich gegenüber der „Presse“ dafür aus.

Derzeit kann eine Verletzung der Schulpflicht mit einer Strafe von 220 Euro geahndet werden – praktisch kommt das allerdings selten vor. Über die konkrete Ausgestaltung verschärfter Sanktionen sei noch zu diskutieren, hieß es am Montag aus dem Büro des Staatssekretärs. Genannt wurden etwa höhere Geldstrafen oder eine Kopplung von sozialen Transferleistungen an den Schulbesuch der Kinder. In jedem Fall müssten noch politische Gespräche geführt werden.

Ministerin Schmied dürfte von der Idee aber wenig angetan sein. In dem Papier, das ihr Ressort zum Integrationsbericht beisteuerte (es liegt der „Presse“ vor), ist nämlich von höheren Strafen keine Rede. Das Ministerium setzt laut dem Dokument auf Elternarbeit – Workshops etwa oder mehrsprachiges Informationsmaterial. „Keinen Kommentar“ gibt es zur aktuellen Debatte. Allerdings hatte Schmied schon bei der ersten gemeinsamen Pressekonferenz mit Kurz deutlich gemacht, dass sie von härteren Strafen wenig hält: Sie habe ein Problem damit, Bildung mit Sanktionen zu verknüpfen, sagte sie vergangene Woche.

Strafen kaum exekutierbar

Kritiker sind der Meinung, dass verstärkte Strafen für Schul- und Bezirksverwaltungsbehörden oftmals schlicht nicht exekutierbar seien. So können Kinder, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen, ihre Schulpflicht ohne Bewilligung im Ausland absolvieren; mit Erlaubnis des Bezirksschulrats können das auch Kinder mit österreichischem Pass tun. Geben Eltern etwa an, dass ihre Tochter vorübergehend bei den Großeltern in der Türkei lebe, sei nur schwer nachzuprüfen, ob sie dort auch ihrer Schulpflicht nachkomme, heißt es.

Unklar ist, um wie viele Fälle es sich eigentlich handelt. In Wien wurden laut dem Expertenrat im Vorjahr 1130 Schulpflichtverletzungen festgestellt, in Oberösterreich 750, in Niederösterreich 140. Mehr Zahlen gibt es kaum – denn das Thema liegt in der Hand der einzelnen Schulen. Fruchten die Appelle des Schulleiters an die Eltern nicht, wird das Jugendamt eingeschaltet bzw. der Fall bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde angezeigt. Die Dunkelziffer sei vor allem bei Migrantenfamilien hoch, so der Expertenrat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2011)

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