Sanktionen bei Schulpflicht: "Kein Druck auf Eltern"

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Migrationsforscherin Barbara Herzog-Punzenberger kann sich keine Sanktionen für Eltern, die ihre Kinder nicht in die Schule schicken, vorstellen. Man soll fragen, was hinter den Schulpflichtverletzungen steht.

Wien. Noch nicht einmal offiziell präsentiert, sorgte der Integrationsbericht schon für Wirbel. Die Zahl der Schüler mit Migrationshintergrund, die die Schulpflicht verletzten, sei „erschreckend hoch“. Deshalb – wenngleich es noch keine Zahlen gibt – empfiehlt der Expertenrat für Integrationsfragen die Verschärfung von Sanktionen für Eltern, die ihre Kinder nicht in die Schule schicken.

Ein Vorgehen, das Migrationsforscherin Barbara Herzog-Punzenberger nicht nachvollziehen kann. Man soll keine vorschnellen Schlüsse ziehen, sondern fragen, was hinter den Schulpflichtverletzungen steht. „Solange keine Zahlen dazu auf dem Tisch liegen und die betreffenden Fälle analysiert wurden, ist es Stimmungsmache.“ Mit der Idee von Sanktionen kann sich Herzog-Punzenberger grundsätzlich nicht anfreunden. Bereits jetzt können Eltern schon mit einer Strafe von 220 Euro belangt werden. Diese Maßnahme werde aber sehr selten ergriffen.

Für Herzog-Punzenberger liegt die Erklärung dafür nahe: Die Behörden, die sich mit diesen Familien auseinandersetzen, wüssten sehr wohl, dass Druck in diesen „extremen Fällen“ zu keiner Lösung führt. Im Gegenteil – dadurch sei die Gefahr gegeben, die Verarmung von Familien zu fördern, die ohnehin in prekären Situationen leben. „Man stellt sich das alles sehr einfach vor – ohne wirklich Kenntnis der Sachlage zu haben.“

„Rücksicht auf Mehrsprachigkeit“

Sinnvoller sei es, die Verbesserung der Elternarbeit an Schulen voranzutreiben und mehr Rücksicht auf die Mehrsprachigkeit von Eltern mit Migrationshintergrund zu nehmen. Interessanter als „einzelne Fälle zu diskutieren“ wäre es, sich in eine Debatte über die Verpflichtung von Lehrern zu interkulturellen Fortbildungen zu wagen. Doch wenn es um derlei Forderungen ginge, so Herzog-Punzenberger, „sind Politiker schon vorsichtiger“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2011)

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