Zwettler auch nicht in Haft, Ungewissheit für Flöttl

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Auch der zu fünf Jahren Haft verurteilte Exbanker Johann Zwettler musste seine Strafe aus gesundheitlichen Gründen noch nicht antreten. Andere Verurteilte, darunter Flöttl, blicken in eine ungewisse Zukunft.

Wien/M.s. Auch der seinerzeitige Nachfolger von Helmut Elsner an der Bawag-Spitze, der nunmehr als Pensionist in Wien-Floridsdorf lebende Exbanker Johann Zwettler, wurde von einem Gutachter für vollzugsuntauglich eingestuft. Und zwar weil Zwettler in seiner Jugend an Kinderlähmung erkrankt war.

Bisher musste der 69-Jährige seine rechtskräftige fünfjährige Haftstrafe aus dem Bawag-Verfahren noch nicht, wie vorgesehen, in der Justizanstalt Wien-Simmering antreten. Die Justiz wartet noch auf ein zweites Gutachten.

Dringende Frage: Wie geht die Justiz mit dem Bawag-Komplex weiter um? Bisher sind die Strafen für Elsner und Zwettler rechtskräftig geworden – aber das ist im Wesentlichen auch schon alles, was von den erstinstanzlichen Urteilen übrig blieb. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte die Verurteilungen der neun „Bawag-Angeklagten“ in beträchtlichen Teilen aufgehoben. So war bei Elsner etwa ein Schuldspruch wegen schweren Betruges (Vorwurf: Elsner habe sich seine Pensionsabfindung, 6,8Mio. Euro, erschlichen) aufgehoben worden. Der ihm zur Last gelegte Untreueschaden in Folge der „Karibik-Spekulationen“ wurde reduziert: von 1,7 auf 1,2 Milliarden Euro. Auch bei Zwettler senkte der OGH den vom Erstgericht festgesetzten Schaden – um zirka ein Drittel auf 600 Mio. Euro.

Von den sieben weiteren Verurteilten (allen lag Untreue zur Last) durfte sich einer, nämlich Ex-Bawag-Vorstand Peter Nakowitz, einst die „rechte Hand“ Elsners, über eine teilweise Aufhebung seines Schuldspruchs freuen. Die sechs anderen, darunter der frühere „Haus- und Hofspekulant“ der Bawag, Wolfgang Flöttl, verzeichneten sogar eine komplette Aufhebung der von ihnen angefochtenen Urteile.

Vorigen Dezember hatte der OGH die heikle Strafsache „zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen“. Sofort wurden Spekulationen laut, dass die Anklage weitgehend auf eine weitere Verfolgung verzichten könnte. Und nur die vom OGH dem Straflandesgericht Wien zwingend aufgetragenen „Hausaufgaben“, zum Beispiel die Neubemessung der Strafe für Nakowitz, erledigt werden würden. Dabei spielte die Person der erstinstanzlichen Richterin eine wichtige Rolle. Die ursprünglichen Urteile waren bekanntlich von Claudia Bandion-Ortner (sie führte den Vorsitz im Schöffensenat) gefällt worden. Bekanntlich „mutierte“ Bandion-Ortner noch während des in zweiter Instanz offenen Verfahrens zur Justizministerin.

Neue Verhandlung für Flöttl?

Hätte Bandion-Ortner nicht vorzeitig die Regierung verlassen müssen, hätte sie selbst als oberste Weisungsbefugte der Anklage über die weitere Entwicklung des Bawag-Verfahrens mitentscheiden können. Nun ist es Aufgabe ihrer Nachfolgerin Beatrix Karl (VP), über einen mittlerweile vorliegenden Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft Wien zu entscheiden. Beobachter rechnen damit, dass zumindest Wolfgang Flöttl einen neuen Prozess bekommt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2011)

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