Das Absurde war die überlange U-Haft – nun ist Helmut Elsner ein kranker Mann.
Der als Initiator verlustreicher Bankenspekulationen zur Höchststrafe von zehn Jahren Gefängnis verurteilte Ex-Bawag-Boss Helmut Elsner ist nun also vollzugsuntauglich. Weil seine Herzkrankheit immer schlimmer wurde. Der Strafvollzug ist aufzuschieben, wenn dieser etwa wegen Krankheit nicht mehr „dem Wesen der Freiheitsstrafe“ entsprechen kann, meint der Gesetzgeber. Besagtes „Wesen“ einer Strafe im Rechtsstaat Österreich definiert sich so: Dem Verurteilten soll „zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepassten Lebenseinstellung verholfen werden“. Auch soll „der Unwert des der Verurteilung zugrunde liegenden Verhaltens“ aufgezeigt werden. Ob dies bei einem Mann, der bis heute sämtliche Vorwürfe bestreitet, je zu erwarten war? Wie dem auch sei: Wenn jemand zu krank fürs Gefängnis ist, muss man ihn freilassen.
Man kann nun spekulieren, wie sehr die lange Haft das Fortschreiten von Elsners Krankheit gefördert hat. Dazu muss man wissen, dass der bisher größte Teil der Zeit, die Elsner einsitzen musste – fast vier Jahre –, als U-Haft deklariert war. Wegen Fluchtgefahr hieß es offiziell. Inoffiziell wollte man offenbar den in Ungnade gefallenen Banker vorab einen Teil der zu erwartenden Strafe absitzen lassen. Das wäre rechtswidrig gewesen. Aber wer kann das schon beweisen?
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2011)