Elsner muss zur „Nachuntersuchung“

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Elsner(c) APA/HERBERT NEUBAUER (Herbert Neubauer)
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Das Straflandesgericht Wien stellte zwar die Vollzugsuntauglichkeit des ehemaligen Bawag-Boss und Spitzenbankers Helmut Elsner fest, beorderte diesen allerdings zur "Nachuntersuchung in acht bis zehn Monaten".

Wien. Das Wilhelminenspital in Wien-Ottakring Freitagmittag: Das ausgedehnte, von vielen Grünzonen durchsetzte Areal bietet Medienvertretern an diesem Tag einen ganz besonderen Anziehungspunkt. In der Kardiologie innerhalb der 3. Medizinischen Abteilung, Pavillon 29, liegt jener Mann, der gleichsam über Nacht vom prominentesten Häftling zum prominentesten Spitalspatienten wurde: Ex-Bawag-Boss Helmut Elsner.

Seit Donnerstagnachmittag gilt der im 77. Lebensjahr stehende Herzpatient, wie berichtet, als haftunfähig. Mit diesem Gerichtsbeschluss, auf den Elsner seit Langem gewartet hat, ist der einst so mächtige Gewerkschaftsbanker nun zwar auf freiem Fuß, vorerst ließ er sich aber – zumindest vorübergehend – von Sicherheitsleuten des Spitals abschirmen. Eine staatliche Bewachung steht bis auf Weiteres nicht mehr zur Verfügung, hat doch das Justizressort die bisher abkommandierte Justizwache in der Folge des Gerichtsbeschlusses umgehend abgezogen.

Interviews kann und will Elsner nicht geben. Noch nicht. Er weiß natürlich auch, dass es die Justiz nicht gern sähe, würde er nun etwa im Rahmen einer Pressekonferenz groß „aufdrehen“. Zu sagen hätte Elsner wohl einiges, ließ er während seiner bisher viereinhalbjährigen Haft doch immer wieder wissen, dass er für eine Wiederaufnahme des Bawag-Verfahrens kämpfen werde.

Ruth Elsner: „Haft wie Folter“

„Jetzt steht seine Gesundheit im Vordergrund“, mahnt Elsners Ehefrau Ruth am Freitag im Gespräch mit der „Presse“. Naturgemäß zeigte sich Ruth Elsner „sehr erleichtert“ über die Entscheidung der für Elsner zuständigen Vollzugsrichterin Sonja Höpler-Salat vom Straflandesgericht Wien. Nun freue sie sich zunächst auf die gemeinsame Zeit „mit meinem Mann“. Die lange Haft – am 21.Juni war Elsner von der Justizanstalt Wien-Josefstadt ins Wilhelminenspital verlegt worden – sei für diesen „wie eine Folter“ gewesen. Er sei durch die Haftsituation „ständig unter Druck“ gestanden.

Tatsächlich ist es um den Gesundheitszustand des früheren Spitzenbankers, der wegen Untreue im Zusammenhang mit den „Karibik-Spekulationen“ der Bawag zur Höchststrafe von zehn Jahren Freiheitsentzug verurteilt worden ist, nicht gut bestellt. Sein behandelnder Arzt im Wilhelminenspital, Primarius Kurt Huber, attestierte dem Patienten unter anderem eine „koronare Herzkrankheit“.

Entscheidend für den Beschluss auf Haftunfähigkeit war Folgendes: Elsner war zwar auch innerhalb des Josefstädter Gefängnisses permanent medizinisch betreut worden, dies reichte aber nicht mehr aus. Daher heißt es nun in dem Beschluss des Gerichts, dass es zuletzt „aufgrund infrastruktureller Defizite nicht machbar“ gewesen sei, für eine lückenlose Versorgung des Langzeithäftlings zu sorgen.

Die Grundlagen für den Gerichtsbeschluss haben der gerichtlich beauftragte Kardiologe Joachim Borkenstein und der Psychiater und Neurologe Heinrich Pfolz geliefert. Letzterer hat in seiner Expertise sogar „neurologische Ausfallserscheinungen“ festgehalten.

Wie lange Elsner nun im Wilhelminenspital bleiben muss, steht noch nicht fest. Seine Frau erklärte, dass auch am Freitag wieder eine aufwendige Untersuchung – und zwar an der Wirbelsäule – durchgeführt werden musste. Klar ist hingegen, dass Elsner (im Rahmen seiner gesundheitlichen Möglichkeiten) nunmehr zwar tun und lassen kann, was er will, allerdings ist das Thema „Strafhaft“ für ihn noch nicht erledigt. Das Gericht hat verfügt, dass sich der Verurteilte in „acht bis zehn Monaten“ einer „Nachuntersuchung“ unterziehen muss.

Kein Ausreiseverbot

Bis dahin ist Elsner ein freier Mann – und kann sich frei bewegen. Sein Reisepass wurde ihm nicht entzogen, ein Ausreiseverbot oder ähnliche Auflagen gibt es nicht.

Auf Basis der Untersuchung in acht bis zehn Monaten wird ein Gericht dann entscheiden, ob der Vollzug der Freiheitsstrafe wieder aufgenommen wird. Oder ob es einen weiteren Aufschub geben muss. Hinter den Kulissen ist schon jetzt vielfach zu hören, dass Elsner nun gute Chancen hat, nie wieder ins Gefängnis zu müssen. Das letzte Wort liegt aber freilich bei dem für den Vollzug zuständigen Gericht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2011)

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