Ausgeshuttelt: Wie es im Weltraum weitergeht

Ohne Shuttle kommen die USA vorübergehend in Bedrängnis. Ein Ende des Raumfahrtzeitaltersdräut aber nicht.

Manche sehen mit dem Ende der Shuttle-Ära auch das des Raumfahrtzeitalters dräuen. Das ist übertrieben: Die Raumfahrt als Industriezweig und Betätigungsfeld auch für unökonomische Zwecke, etwa für Wissenschaft, wird recht munter weitergehen – wenn auch in einem nüchterneren Geist als noch in den 1980ern.

Vor allem das Gebiet bis zur Ebene geostationärer Satelliten (36.000Kilometer Höhe) dient immer stärker für Satelliten zur Kommunikation, Erdbeobachtung, Forschung. Ernst gemeinte Tourismusprojekte stehen an, so der Bau kleiner Orbital-Hotels, was nach Science-Fiction klingt, aber binnen fünf Jahren wahr werden dürfte – etwa durch US-Unternehmer Robert Bigelow. Im erdnahen Raum mischen neue Player wie China und Indien mit. Sie wetteifern mit Firmen der alten Satellitenstarter Russland und Europa (zivile US-Satellitenbetreiber nutzen seit Langem russische und europäische Raketen): Liegt der Marktpreis für Satellitenstarts in einen typischen niedrigen Orbit (ca. 600 km) bei 18.000 bis 25.000 Dollar pro Kilogramm, machen das Inder und Chinesen für 15.000 Dollar.

Darüber hinaus haben allein Europa und die USA aktuell zwei Dutzend robotische Großmissionen zu Planeten, Asteroiden und zur Sonne auf Schiene – und obwohl die USA ihre Pläne, bis 2020 wieder Menschen zum Mond zu bringen, vorerst begruben, so wollen jetzt China und Indien dorthin.

Sicher versäumten es die USA, ein neues Raumschiff zu entwickeln. Jetzt müssen sie für Personentransporte zur Raumstation ISS auf mehrere Jahre Sitze in den bewährten „Sojus“-Schiffen der Russen kaufen, was sich die mit derzeit je 44 Millionen Dollar, steigend bis 2016 bis auf etwa 63 Mio., vergüten lassen. Nicht einmal Fracht können die USA zur ISS bringen; immerhin gibt es auch Frachter Europas und Japans.

„Apollo“-Kapsel reloaded. Die aktuelle Raumdoktrin laut „NASA Authorization Act 2010“ überlässt indes den Bau von Raumfrachtern Privatfirmen. Als Erster hat sich der Unternehmer Elon Musk mit seiner Firma „SpaceX“ verpflichtet, ab 2012 Fracht mit „Dragon“-Kapseln zur ISS zu bringen. Auch andere machen mit, etwa Boeing. Die Nasa soll den erdfernen Raum bearbeiten und bis 2016 Schiffe für Fernflüge bauen, die „Multi Purpose Crew Vehicles“. Sie werden aussehen wie vergrößerte „Apollo“-Kapseln der 1970er-Jahre.

Eines indes stimmt: Das Shuttle, das Raumflüge alltäglich machen sollte, war zu komplex und eine riesige Fehlinvestition: Statt wie geplant 50 Starts pro Jahr gab es in 30 Jahren nur 135. samt Vorarbeiten fielen Kosten von über 200 Milliarden Dollar an. Russlands Raumfahrtbudget pro Jahr beträgt seit Langem ca. zwei Mrd. Dollar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2011)

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