35. Ingeborg-Bachmann-Preis an Maja Haderlap

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IngeborgBachmannPreis Maja Haderlap(c) APA (Gert Eggenberger)
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Die Kärntner Slowenin gewinnt den mit 25.000 Euro dotierten Preis - eine der wichtigsten Ehrungen im deutschsprachigen Raum. Auch der zweite Preisträger, der Deutsche Steffen Popp, hat seine Wurzeln in der Lyrik.

Viele hatten die 50-jährige Kärntner Slowenin als Favoritin für den 35. Ingeborg-Bachmann-Preis gehandelt. Und tatsächlich gelang es Maja Haderlap, die Jury mit ihrem eindringlichen, von ihrer Lyrik geprägten Romanauszug zu überzeugen. Auch der zweite Preisträger, Steffen Popp, ist ein Autor mit Wurzeln in der Lyrik, das ist vielleicht das Überraschendste an den diesjährigen Tagen der deutschsprachigen Literatur im Klagenfurter ORF-Theater. Julya Rabinovich wurde zwar mehrmals nominiert, ging letztlich aber leer aus, der dritte Österreicher Daniel Wisser schaffte es nicht auf die Shortlist.

Haderlap beschreibt in ihrem autobiografisch geprägten Text "Im Kessel" einen Ausflug mit ihrem Vater, mit dem sie als junges Mädchen in den Wald fährt. In die Erzählung eingebettet ist - die Autorin stammt aus dem Südkärntner Ort Bad Eisenkappel - die Vergangenheit des Ortes, der slowenischen Volksgruppe, der sie angehört und damit auch die Nazizeit und der Partisanenkampf der Slowenen. Der ganze Roman, "Engel des Vergessens", wird am (morgigen) Montag veröffentlicht. Beim Wallstein-Verlag, der das Buch herausbringt, wollte man die Höhe der ersten Auflage nicht verraten, sie werde aber sicher nicht reichen, hieß es am Sonntag. Man sei aber in der Lage, schnell nachzudrucken, wurde versichert.

Haderlap hat in die Erzählungen der Elterngeneration bruchstückhaft Szenen aus dem Widerstandskampf eingeflochten, unaufdringlich, aber intensiv, in einer sehr poetischen Sprache. Die Juroren waren mehrheitlich sehr beeindruckt, Daniela Strigl meinte über den von ihr nominierten Text: "Das ist für mich ein Idealfall von Literatur, die sich mit der Geschichte beschäftigt."

Der 32-jährige Deutsche Steffen Popp holte mit einem schwierigen Text den zweiten Preis, seine Montage führte in ein Dorf in Ostdeutschland, wo Bestandsaufnahme gemacht wird. Über seine Arbeit wurde von den Juroren ebenfalls kontrovers diskutiert. Die junge deutsche Autorin Nina Bußmann überzeugte die Kritiker mit einem Romanauszug über ein schwieriges Lehrer-Schüler-Verhältnis, der Deutsche Leif Randt wiederum präsentierte eine artifizielle Welt der Reichen und Schönen und holte sich damit einen Preis. Dass der aus Erlangen stammende Thomas Klupp mit seiner Pornografie-Paraphrase den Publikumspreis gewann, überraschte nicht, seine witzig-ironische Sprache generierte mit Abstand die meisten Lacher bei den Zuhörern.

Wie viele Stimmen Maja Haderlap zum Bachmann-Preis trugen, ist übrigens nicht bekannt. Denn ihr Sieg stand fest, noch bevor Hubert Winkels abstimmen konnte. Ob er für Haderlap oder Popp gestimmt hätte, wollte der Juror auch nach mehrmaligem Nachfragen aber nicht beantworten. Tatsache ist, dass die Kärntnerin die Stimmen sowohl der österreichischen als auch der Schweizer Juroren für sich gewinnen konnte, und das genügte zum 35. Ingeborg-Bachmann-Preis, der mit 25.000 Euro dotiert ist.

Die drei Tage in Klagenfurt lieferten viel gute Literatur und qualitativ hochwertige Diskussionen darüber. Trotz drückender Hitze war der Saal, in dem die Lesungen stattfanden, stets übervoll, und auch vor den Bildschirmen im Erdgeschoß und im Garten drängte sich das Publikum trotz der Live-Übertragung im Fernsehen. Seitens des ORF gibt es nun Überlegungen, am späteren Termin - der Wettbewerb war ja wegen Terminkollisionen um zwei Wochen später angesetzt worden als sonst - festzuhalten. Einerlei an welchem Termin, der Wettbewerb um den Bachmann-Preis ist aus dem Literaturbetrieb nicht wegzudenken.

(APA)

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