Nur 79 der 205 Passagiere überlebten, die meisten Opfer sind Frauen und Kinder. Rettungstaucher brauchen psychologische Hilfe aufgrund der Bergung der Kinderleichen.
Zorn und Fassungslosigkeit lagen am Dienstag als diffuses Emotionsgemisch über Russland. Und während die verhängte Staatstrauer irgendeine Form der Symbolsprache für das unsägliche Leid der Schiffskatastrophe vom Sonntag bieten sollte, wurde dieses am Unglücksort in der Wolga, 830 Kilometer südöstlich von Moskau, erst gestern mit voller Wucht offensichtlich.
Taucher drangen zum Unterdeck des gesunkenen Ausflugsschiffes „Bulgaria“ vor und begannen mit der Bergung jener Kinderleichen, die im Kinderraum eingeschlossen waren. Wie viele es sind, war vorerst unklar, angeblich bis zu 50. Sie und einige Erwachsene waren zu einem Unterhaltungsprogramm versammelt. Für sie war Flucht ebenso unmöglich wie für die Besucher des Restaurants, da das Schiff innerhalb weniger Minuten sank. Bisher haben die Taucher 100 Leichen geborgen.
Die meisten Opfer sind Frauen und Kinder, auch der Kapitän ertrank. Offiziell heißt es, dass von 205 Passagieren 79 überlebten. Sie verdanken ihre Rettung Kapitän Roman Lizalin (30) eines nachfolgenden Schiffes. „Ich sah die Menschen im Wasser, mit Schwimmwesten und ohne. Viele hatten einfach nicht genug Zeit, sie anzuziehen“, sagte er.
Völlige Dunkelheit in der Tiefe
Ein Rettungstaucher sagte, dass auf dem Grund der Wolga in 20 Meter Tiefe Finsternis herrsche. Das Schaurigste sei dort das jähe Auftauchen von Leichen im Wasser, vor allem der Kinder. Laut Katastrophenschutzministerium müssten sich Psychologen nicht nur um Hinterbliebene, sondern auch um die Taucher kümmern.
Präsident Dmitrij Medwedjew verlangte harte Strafen für diejenigen, die die Sicherheitsregeln verletzt hätten. Das Schiff, das für 140 Passagiere zugelassen war, war massiv überladen. Zwei Betreiber des Schiffes wurden bisher festgenommen.
(Red.)