Wegen der Schilderung in seinem Buch "Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro noch nicht" ist ein deutscher Sachbearbeiter gekündigt worden - zu Unrecht, wie nun auch in zweiter Instanz entschieden wurde.
Dass der Chef über ein Buch mit dem Titel "Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht" nicht gerade erfreut sein wird, hätte sich der Sachbearbeiter Jürgen Bücker schon vor der Veröffentlichung denken können. Die Kündigung war aber trotzdem nicht rechtens: Bücker hat am Freitag auch in zweiter Instanz in der Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht in Hamm gewonnen.
Die Richter sahen in dem Roman "Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht" eine Fiktion. Auch wenn Einzelheiten auf Kollegen hindeuteten, seien diese nicht eindeutig zu identifizieren. Der Romanschreiber könne sich auf die im Grundgesetz garantierte Freiheit der Kunst berufen.
"Intellekt diametral zur Körbchengröße"
Bückers Ex-Kollegen bei einem deutschen Möbelhersteller sehen das anders. Zwölf Mitarbeiter wollen sich in dem 180 Seiten starken Erstlingswerk wiedererkannt haben - meist mit negativen Eigenschaften. Von "Fatma, der Göttlichen", deren "Intellekt genau diametral zu ihrer Körbchengröße" stehe, bis zu "Hannes", einem kiffenden Althippie mit Pferdeschwanz. "Das ist alles aus meiner Fantasie", wiegelte der 50-jährige Hobby-Autor vor Gericht ab.
Bückers Buch habe im Betrieb für reichlich Ärger gesorgt, versuchte der Geschäftsführer des Möbelherstellers den Rauswurf zu rechtfertigen. Eine der geschmähten Mitarbeiterinnen sei "wegen der niveaulosen Äußerungen" weinend bei ihm im Büro gesessen. "Dann ging sie zum Arzt und war zwei Tage krank."
Auch bei "Anja" - viersprachig, aber "Arbeitsallergikerin" - sahen die Hammer Landesarbeitsrichter zwar Ähnlichkeiten, vermissten aber wirklich eindeutige Erkennbarkeiten. "Und da kann sich der Autor erst mal auf die Kunstfreiheit berufen", machte Richter Franz Müller deutlich.
Späte Reue des Autors
Trotz des erneuten Siegs vor Gericht bereut Hobby-Autor Bücker mittlerweile seinen Ausflug in die Literatur. "Beim Schreiben habe ich unendlich viel Spaß gehabt. Doch wenn ich gewusst hätte, was passiert, hätte ich das Buch nicht geschrieben." Eineinhalb Jahre hatte er an seinem literarischen Debüt gearbeitet.
Finanziell gelohnt hat sich das über einen Internet-Verlag veröffentlichte Buch bisher nicht. 500 Exemplare hat Bücker verkauft. Pro Exemplar bleiben ihm 1,80 Euro. "Da sind wahrscheinlich viele von den Kollegen bestellt worden", vermutet seine Ehefrau, die über die Folgen des literarischen Ehrgeizes ihres Mannes enttäuscht ist. "Er wollte ein lustiges Buch schreiben. Nun wird das nur noch im Hinblick darauf gelesen, ob es eine Kündigung rechtfertigt."
Bücker ist derzeit die Lust am Schreiben vergangen. "Im Moment steht mir nicht mehr der Sinn nach einem zweiten Buch." Mittlerweile hat der 50-Jährige wieder einen Job. Wieder im Büro, wieder bei einem Möbelhersteller - trotz der Vorgeschichte. "Der kennt das Buch", versicherte der Autor.
(Ag.)