Psychotherapie: Ein besserer Umgang mit Schmerzen lässt sich lernen

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Gleichmut, Gelassenheit, Loslassen – das sind die drei Pfeiler der achtsamkeitsbasierten Schmerztherapie. Sie soll den Betroffenen helfen, schrittweise einen neuen Umgang mit chronischem Leiden zu finden.

1,5 Millionen Österreicher leiden laut Österreichischer Schmerzgesellschaft an chronischen Schmerzen. Freilich ist das nur eine Zahl – eine objektive Feststellung, dass Schmerz weitverbreitet ist. Über das konkrete Leid der Betroffenen sagt diese Zahl nichts aus, denn das Ausmaß des Leides ist von Person zu Person verschieden. Manche sind geradezu fokussiert auf die unangenehmen Gefühle, die ihnen ihr Körper bereitet, sie leben ängstlich und vermeiden im Alltag sämtliche Verhaltensweisen, die Schmerzen auslösen oder anfachen könnten. Andere wiederum scheinen sehr gut mit ihrem Schmerz umgehen zu können.
Die gute Nachricht: Ein besserer Umgang mit Schmerzen lässt sich erlernen. Wer es satthat, der ersehnten Schmerzfreiheit hinterherzulaufen, und es akzeptieren kann, vorerst damit zu leben, dem sei das Buch „Frei sein im Schmerz“ empfohlen. Der deutsche Schmerztherapeut Dr. Peter Tamme und seine Gattin Dr. Iris Tamme stellen darin ein psychotherapeutisches Verfahren zur Selbsthilfe bei Schmerzen und zur Behandlung von Schmerzkranken vor: die achtsamkeitsbasierte Schmerztherapie. Ihr Ansatz ist, Schmerzen nicht zu eliminieren, vielmehr soll der bessere Umgang mit ihnen das Leid der Betroffenen senken.
Die Autoren sind Meister ihres Faches. Schon die Beschreibung, was chronischer Schmerz eigentlich ist, wie er entsteht, und die klare Herausarbeitung, wie aus objektiven Schmerzen subjektives Leid wird, sind beachtens- und lesenswert. Die Erkenntnis, dass Schmerz nicht unbedingt Leid mit sich bringen muss, wird manch Geplagtem Hoffnung geben, zumal er das Ausmaß des Leides in beträchtlichem Maße selbst beeinflussen kann.

Meditation und Buddhismus

„ABST – achtsamkeitsbasierte Schmerztherapie“ nennen die Autoren ihr Konzept. Sie haben sich dabei bekannter Methoden bedient, die vor allem in der Meditation altbewährt sind. Techniken der buddhistischen Achtsamkeitspraxis wurden dafür genauso herangezogen wie verschiedene Achtsamkeitsansätze in Psychotherapien. Diese loslassende, gleichmütige, gelassene Sichtweise hält seit einigen Jahren vermehrt Einzug in die moderne westliche Psychotherapie und Medizin und wurde hier gekonnt auf das Problem chronischer Schmerz umgelegt.
Stark vereinfacht: Man registriert den Schmerz. Diesmal aber entscheidet man bewusst, nicht automatisch auf ihn zu reagieren. Stattdessen konzentriert man sich auf den eigenen Atem. Dann wechselt man den Standpunkt, man schaut sich selbst als Beobachter zu. Man beobachtet, wird gewahr, was ist. Dann trennt man sich gedanklich vom Schmerz – insofern, als man erkennt, dass man zwar Schmerzen hat, dass man als Person aber nicht der Schmerz ist. Dem folgen das Akzeptieren der Situation, dann der Gleichmut und als letzter Schritt das Loslassen seiner Verstrickung mit dem Schmerz.

Subjektives Leid beeinflussen

Mit dieser Methode kann es gelingen, die Schmerzen als weniger leidvoll zu erleben. Das Ziel: Man distanziert sich von seinen bisherigen Einstellungen und Gefühlen, vom Leiden, und sieht die Sache gelassener, da man erkennt, dass das Ausmaß der Schmerzen aus zwei Elementen besteht: dem objektiven Schmerz (der weiterhin der herkömmlichen Behandlung zugänglich ist) und dem subjektiven Leiden. Letzteres lässt sich durchaus von den Betroffenen selbst beeinflussen. Dieser Ansatz soll also nicht die schulmedizinische Behandlung des objektiven Schmerzes ersetzen, sondern ergänzen.

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