ÖVP: Schlechte Jobaussichten, höhere Studiengebühr

Spindelegger Hoehere UniGebuehren fuer
Spindelegger Hoehere UniGebuehren fuer(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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ÖVP-Chef Spindelegger schlägt variable Studiengebühren vor. Bei Fächern mit großem Bedarf an Absolventen könnte man keine oder geringe Beiträge einheben. Kanzler Faymann ist nach wie vor gegen Gebühren.

ÖVP-Chef Vizekanzler Michael Spindelegger schlägt nach Fächern variable Studiengebühren vor. So sollen Studenten für Massenfächer mit schlechten Jobaussichten künftig höhere Gebühren zahlen als für Fächer, wo ein großer Bedarf an Absolventen besteht. Bei stark nachgefragten Studien könne man geringere oder gar keine Gebühren einheben. Das sagte Spindelegger am im Interview mit mehreren Bundesländer-Zeitungen (Freitag). Wie hoch die Gebühren sein könnten, weiß man allerdings noch nicht einmal in der ÖVP.

Über den Sommer soll intensiv an einem neuen Modell gearbeitet werden, hieß es am Freitag aus dem Wissenschaftsministerium. Neben den von Spindelegger angeregten, nach Fach unterschiedlichen Gebühren wäre es auch möglich, die Höhe den autonomen Unis zu überlassen und so den Wettbewerb unter den Hochschulen zu fördern, wie das Minister Karlheinz Töchterle bereits nach der Aufhebung der aktuellen Regelung durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) vorgeschlagen hat.

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) meint in dem gemeinsamen Interview, dass die Situation an den Unis verbessert werden müsste und mehr Geld nötig sei - allerdings, „wenn es nach mir geht“, ohne die Wiedereinführung der Studiengebühren. Diskutiert werden müsse vielmehr über „Formen von Zugangsbeschränkungen“, verwies Faymann auf die „Eingangsphase“. Außerdem müsse das Angebot aufgestockt werden, aber „nicht in philosophischen oder ähnlichen Bereichen“, sondern in technischen Fächern.

Lob von Wirtschaftskammer

Lob für Spindeleggers Vorschlag kam von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl. „Mit variablen Studienbeiträgen, die von den Universitäten innerhalb eines Rahmens festgesetzt werden, kann ein längst überfälliger Lenkungseffekt erzielt werden“, so Leitl. Wo ein hoher Bedarf an Absolventen besteht, also in in technischen Fächern, Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften, sollen keine oder nur geringe Beiträge eingehoben werden. In Massenfächern wie Politikwissenschaften, Psychologie oder Publizistik können anteilsmäßig höhere Summen eingehoben werden.

FP-Wissenschaftssprecher Martin Graf kritisierte, dass die ÖVP "versucht, jedes Problem mit Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen zu lösen". Die FPÖ ist dafür, dass weiter nur "Bummelstudenten" zahlen müssen, das Ministerium Rücklagen auflöst, um die Uni-Budgets aufzubessern, und nur noch Studenten in Österreich einen Platz an der Uni bekommen, die auch in der Heimat einen bekommen hätten. Sollten Studiengebühren tatsächlich wieder eingeführt werden, will die FPÖ, dass die Unis autonom Gebühren zwischen null und 1000 Euro pro Jahr festlegen können. Dabei sei auch eine weitere Differenzierung nach Fächern vorstellbar.

Abfuhr von Unis, Studenten, Grünen, BZÖ

Eine Abfuhr holte sich der ÖVP-Chef bei den Grünen, beim BZÖ, bei den Studenten - und sogar bei den Unis. Auch die Rektoren sind nicht überzeugt: Eine Prognose darüber, in welchen Fächern künftig wie viele Absolventen benötigt würden, sei sehr komplex, warnte Heinz Engl, der ab Oktober die Uni Wien leiten wird. Rektorenchef Hans Sünkel wünscht sich, dass die Unis die Höhe der Gebühren selbst festlegen, wie etwa in den USA. Dort entsprächen die Gebühren der Qualität der Uni. „Diese Steuerung erscheint mir zielführender als der Bedarf des Marktes“, so Sünkel zu DiePresse.com

Empört reagierte die Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) auf den Vorschlag des ÖVP-Chefs: „Vizekanzler Spindelegger will mit seinem Vorschlag lediglich von dem eigentlichen Problem der Universitäten - nämlich der seit Jahren finanziellen Aushungerung der Hochschulen - ablenken“, hieß es von Seiten der Studenten. „Er hat von Bildungsfragen offensichtlich keine Ahnung.“

Für Grünen-Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald ist Spindeleggers Vorschlag "relativ patzig". Es gebe keinerlei Beweis, dass nach Fächern unterschiedliche Gebühren einen echten Steuerungseffekt haben, sagte er. Dafür müssten die Gebühren „sehr hoch sein“, allerdings würden sozial Schwache in Österreich schon jetzt benachteiligt. Außerdem seien Prognosen zum Arbeitsmarkt und Berufsbilder über fünf Jahre „schlicht unseriös“.

Das BZÖ wirft der ÖVP wiederum ein „Verschleppen der Uni-Krise“ vor. Die Partei fordert eine generelle Wiedereinführung im Rahmen einer Studienplatzfinanzierung, außerdem müsse der Anteil ausländischer Studenten von derzeit 20 Prozent auf den OECD-Schnitt von 8,5 Prozent gesenkt werden.

Derzeit zahlen nur 15 Prozent

Derzeit müssen nur jene rund 15 Prozent der etwa 280.000 Uni-Studenten den Beitrag in Höhe von 363,36 Euro pro Semester zahlen, die die vorgesehene Mindeststudiendauer pro Studienabschnitt plus zwei Toleranz-Semester bereits überschritten haben. Bis zum 29. Februar 2012 muss die Regierung allerdings eine Neuregelung finden, nachdem der VfGH die bisherige Regelung für zu unpräzise befunden und aufgehoben hat.

(APA/Red.)

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