Affäre Strauss-Kahn: „Ich will ihn im Gefängnis sehen“

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bdquoIch will Gefaengnis sehenldquo(c) AP (Heidi Gutman)
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Das Zimmermädchen Nafissatou Diallo breitet in einer Medienoffensive ihre Version der angeblichen Sexattacke von Strauss-Kahn aus. Es geht darum, ihre Glaubwürdigkeit wiederzuerlangen.

Washington. Das 32-jährige Zimmermädchen des New Yorker Sofitel-Hotels aus Guinea, das Dominique Strauss-Kahn der versuchten Vergewaltigung und des sexuellen Missbrauchs bezichtigt, hat Gesicht und Stimme bekommen – und einen Namen. In den USA war die Identität Nafissatou Diallos aus rechtlichen Gründen geschützt.

Jetzt sucht die westafrikanische Immigrantin mit einer gezielten Medienoffensive die Öffentlichkeit, um die Vorwürfe geradezurücken, die Anfang Juli das Blatt in dem Verfahren gewendet und zur Entlassung des französischen Ex-IWF-Chefs aus dem Hausarrest geführt haben. Es geht darum, ihre Glaubwürdigkeit wiederzuerlangen.

Sie habe „den falschen Leuten vertraut“, sagt sie reuig über Freunde, die sie für ihre sinistren Geschäfte ausgenutzt hätten. Und vor allem geht es darum, ihre Anschuldigungen gegen den prominenten Angeklagten vor der nächsten Verhandlungsrunde am 1.August zu bekräftigen. „Ich will ihn im Gefängnis sehen. Er soll wissen, dass es Orte gibt, wo Macht und Geld nichts bewirken.“

Zivilklage wahrscheinlich

Es ist ihr Schachzug in einem Prozess, in dem nach dem Prinzip „er sagt – sie sagt“ die Versionen von Angeklagtem und Klägerin kollidieren. Wobei sich Strauss-Kahn in Schweigen hüllt und seine Anwälte sprechen lässt, die erfolgreich die Reputation des Zimmermädchens erschüttert haben. Ihre Strategie ging bisher auf: In einem marktschreierischen Titel hat die „New York Post“ Diallo gar als Gelegenheitsprostituierte bezeichnet, wogegen ihre Anwälte prompt Klage eingebracht haben. Sie erwägen, demnächst auch eine Zivilklage gegen Strauss-Kahn einzulegen. Die Verteidiger Strauss-Kahns schäumen indessen über die Kampagne der Gegenseite.

Auf dem Cover von „Newsweek“ prangt sie Kopf an Kopf mit dem mutmaßlichen Täter: eine Frau mit hellbrauner Haut, geglättetem, hennagefärbtem Haar, überschminkter Akne und von größerer Statur als der verhinderte Präsidentschaftskandidat und notorische Schürzenjäger. In dem Magazin sowie in der TV-Frühstücksshow „Good Morning America“ schildert sie, was sich am 14.Mai in der Suite 2806 zugetragen habe. „Gott weiß, dass ich die Wahrheit erzähle.“

Es unterscheidet sich kaum vom Ablauf, den sie gegenüber der Staatsanwaltschaft angegeben hat. Nur das Faktum, dass sie sich nach der Sexattacke im Gang versteckt und ihre Reinigungsarbeit fortgesetzt hat, statt den Vorfall sofort zu melden, widerspricht dem ursprünglichen Bericht.

„Er hat sich wie ein Verrückter aufgeführt“, beschreibt sie den Angreifer, der laut französischen Medien an diesem Wochenende Sex mit drei Frauen gehabt haben soll. Demnach habe er seiner Frau gestanden, er habe vor dem anlaufenden Präsidentschaftswahlkampf „Dampf“ ablassen wollen.

„Du bist schön“, habe er zu ihr gesagt, bevor er sie überall begrapscht habe, sagt Diallo. Sie versuchte, ihm Einhalt zu gebieten: „Hören Sie auf, ich möchte nicht meinen Job verlieren.“ Sie setzte sich zur Wehr, wollte ihn aber nicht verletzen, wie sie berichtet. Er habe sie zum Oralsex gezwungen. Nach nicht einmal einer Viertelstunde sei alles vorbeigewesen, sie habe das Sperma ausgespuckt und sei aus dem Zimmer gestürmt.

Erst hinterher will die Analphabetin, die Tochter eines Imams in dem Dörfchen Thiakoulle, aufgewachsen in einer Hütte ohne fließendes Wasser und Elektrizität, erfahren haben, wer ihr Peiniger sei. Den Tränen nahe, erzählt sie, sie habe Todesangst ausgestanden: „Ich dachte, sie bringen mich um.“

Auf einen Blick

Dominique Strauss-Kahn, Ex-Finanzminister Frankreichs und Sozialist, soll im Mai in einem New Yorker Hotel das aus Guinea stammende Zimmermädchen Nafissatou Diallo sexuell attackiert haben. Das kostete ihn den Job als Chef des IWF, allerdings büßte das angebliche Opfer zuletzt viel Glaubwürdigkeit ein. [AP]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.07.2011)

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