Anti-Terror: „Man kann nicht Tausende überwachen“

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Justizexperte Roland Miklau hält präventive Speicherung von Interneteinträgen für schwer durchführbar. Strafen für das "Gutheißen" terroristischer Taten seien legitim.

Wien/Aich/Red. Verfassungsschutz-Chef Peter Gridling will verdächtige Interneteinträge präventiv in einer Datenbank speichern können, um so allenfalls später entstehenden Gefahrensituationen vorzubeugen. Diesen Vorschlag sieht der frühere Chef der Straflegislativsektion im Justizministerium, Roland Miklau, kritisch: „Da kriegt man so viele Informationen, dass man sie nicht sinnvoll verarbeiten kann“, warnt Miklau im Gespräch mit der „Presse“. Überdies könne man nicht tausende Menschen präventiv überwachen. Zwar sei die von Gridling eröffnete Debatte legitim, man müsse aber schon auch die rechtsstaatlichen Bedenken im Auge haben.

Positiver beurteilt der Experte das von der ÖVP vorgelegte Anti-Terrorismus-Paket, das die „Gutheißung“ von terroristischen Taten unter Strafe stellt. Die „Gutheißung terroristischer Straftaten ist an sich schon jetzt strafbar“, betont Miklau. Die Novelle würde bloß dafür sorgen, dass das „Gutheißen“ auch bereits bei einem kleineren Personenkreis (etwa dreißig Personen) zu bestrafen ist, sagt er.

„Der Tatbestand der Gutheißung hat mir persönlich nie gut gefallen“, meint er über den etwas unscharfen Begriff. „Aber wenn es um Terrorismus geht, und Leute propagieren Dinge, die andere Leute das Leben kosten, dann finde ich es wieder gerechtfertigt, über den Tatbestand nachzudenken“, meint Miklau. Er verweist zudem darauf, dass Österreich sich international zur Umsetzung der Novelle verpflichtet habe.

Fischer ist gegen Anlassgesetze

Bundespräsident Heinz Fischer hat am Dienstagabend Vorbehalte gegen eine Verschärfung der Anti-Terror-Gesetze geäußert. Die Technik entwickle sich, wenn deshalb etwas neu geregelt werden müsse, sei das okay, sagte er in der „ZiB2“. Allerdings spricht sich Fischer gegen eine Anlassgesetzgebung aus.

Der Vorschlag von SPÖ und ÖVP, nach den Terroranschlägen in Norwegen einen „Parteienpakt gegen Hetze“ abzuschließen, stößt bei der Opposition auf wenig Interesse. Während FPÖ und BZÖ Scheinheiligkeit der Regierung bzw. eine Instrumentalisierung der Ereignisse sehen, verweisen die Grünen lieber auf ihren eigenen Vorschlag, eine „Demokratie-Charta“ zu unterzeichnen.

Die FPÖ kann sich weder für den vorgeschlagenen Pakt noch für die grüne Charta begeistern. Beides sei ein Meisterstück von „Scheinheiligkeit“, meinte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. Es werde auf billigste und unmoralische Art und Weise einmal mehr versucht, auf dem Rücken von unschuldigen Opfern eines irren Attentäters politisches Kleingeld zu machen.

Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Fuat Sanac, fordert via Austria Presse Agentur angesichts der offenbar islamfeindlich motivierten Terroranschläge in Norwegen mehr Kooperation mit der Politik.

„Nicht nur Gesetze novellieren“

„Wir müssen die demokratische Struktur in Österreich stärken, nicht immer nur Gesetze novellieren.“ Statt österreichische Muslime zu beschuldigen, dass Imame nicht auf Deutsch predigen würden, solle man eine theologische Fakultät einrichten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28. Juli 2011)

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