Wie Promis zu Österreichern werden

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19 Ausländer wurden im Vorjahr per Regierungsbeschluss eingebürgert. Bei Investoren sagte das Wirtschaftsministerium besonders oft "Nein". Auf positivere Resonanz stößt die Einbürgerung von prominenten Künstlern.

Wien. Rund 6000 Staatsbürgerschaften wurden im Vorjahr verliehen – 19 davon über einen Sonderweg: Der Ministerrat kann im Falle von „außerordentlichen Leistungen im besonderen Interesse der Republik“ Einbürgerungen vornehmen, auch wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Im langjährigen Schnitt kommt das rund 40-mal jährlich vor. Der Kärntner Landeshauptmannstellvertreter Uwe Scheuch ist in erster Instanz verurteilt worden, weil er einem Investor eine derartige Einbürgerung versprochen haben soll – laut Urteil als Gegengeschäft für eine Parteispende.

Die Landesregierungen sind für die Zuerkennung zwar nicht zuständig – sie spielen bei den Promi-Staatsbürgerschaften aber eine wichtige Rolle: Der Antrag muss nämlich von den Ländern gestellt werden. Von dort wandert die Angelegenheit ins Innenministerium, das den Antrag in den Ministerrat einbringt – oder auch nicht.

Man entscheide nicht selbst, sondern hole eine Expertise des jeweiligen Fachressorts ein, heißt es im Innenministerium. Zuständig sind, je nachdem auf welchem Gebiet die „außerordentlichen Leistungen“ erbracht wurden, das Wirtschafts-, Sport- oder Kulturministerium.

Persönlicher Einsatz

Ein von Scheuch vorgeschlagener russischer Investor wäre also im Wirtschaftsministerium begutachtet worden. Dort prüfen die Fachsektionen den gesamtwirtschaftlichen Nutzen einer Investition und holen dafür auch externe Meinungen etwa der Wirtschaftskammer ein. Als besondere Leistung für den Wirtschaftsstandort wurden beispielsweise anerkannt: eine erfolgreiche Unternehmensansiedlung, die ohne den persönlichen Einsatz nicht erfolgt wäre.

Ein Neostaatsbürger hat sich in einem internationalen Konzern dafür eingesetzt, dass ein Forschungslabor nach Österreich kommt bzw. dorthin verlagert wird. In einem anderen Fall wurde eine spezielle Ausbildung für Lehrlinge geschaffen, die über das übliche Maß hinausgeht.

Wichtig laut Wirtschaftsministerium sind aber nicht nur die vergangenen Leistungen, sondern auch deren Aufrechterhaltung und Ausbau. Nur die wenigsten bekommen auf diesem Weg auch die Staatsbürgerschaft: Im Vorjahr wurden 24 Fälle ans Wirtschaftsministerium herangetragen, davon wurden nur drei positiv beurteilt, 21 Ansuchen lehnte das Wirtschaftsressort ab.

Nächster Prozess im Herbst

Ein Fall aus dem Jahr 2007 wird demnächst die Gerichte beschäftigen: Da hat der damalige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider erfolgreich für zwei russische Geschäftsleute interveniert. Deren Leistung für Österreich: Sie haben in ein Hotelprojekt in St. Veit an der Glan investiert – und sie haben den Kärntner Rennfahrer Patrick Friesacher bei seinem Einstieg in die Formel 1 unterstützt. Ein Teil des Geldes dürfte bei Jörg Haider bzw. seiner Partei gelandet sein, womit die Staatsanwaltschaft das Delikt der Bestechlichkeit sieht. Auffällig an dem Fall: Die Staatsbürgerschaften wurden ausgerechnet in der allerletzten Sitzung der Regierung Schüssel verliehen.

Ebenfalls für Diskussionen sorgte der Versuch, vier Mäzene der Kunsthalle Wien einzubürgern. In dem Fall soll das Sponsoring als bewusstes Gegengeschäft für die Staatsbürgerschaft konzipiert gewesen sein.

Von Netrebko bis Waltz

Auf positivere Resonanz stößt die Einbürgerung von prominenten Künstlern: Oscar-Preisträger Christoph Waltz erhielt im Vorjahr ebenso die Staatsbürgerschaft wie Primaballerina Karina Sarkissova. Und auch Operndiva Anna Netrebko schätzt seit Jahren die Vorteile eines österreichischen Reisepasses. Im Sport dagegen ist die Zahl der Einbürgerungen deutlich zurückgegangen – die Zeiten, in denen im Damenhandball und im Eishockey die Nationalmannschaften weitgehend von Neostaatsbürgern gebildet wurden, dürften vorbei sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2011)

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