Justizministerium will Änderung bei EU-Haftbefehl prüfen

Justizministerium will Änderung bei EU-Haftbefehl prüfen
Justizministerium will Änderung bei EU-Haftbefehl prüfenSymbolfoto (c) EPA (Uli Deck)
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EU-Haftbefehle könnten in Österreich auf Fälle vor dem Jahr 2002 ausgedehnt werden. Das Ministerium reagiert somit auf Kritik von EU-Abgeordneten.

Nach Kritik der Europa-Abgeordneten Hannes Swoboda (SPÖ) und Otmar Karas (ÖVP) will das Justizministerium eine Rücknahme der bisherigen Einschränkungen bei der Anwendung des Europäischen Haftbefehls in Österreich prüfen. Die Zulassung von europäischen Haftbefehlen auch für Taten vor dem Jahr 2002 sei "eine der Möglichkeiten", sagte Sektionschef Christian Pilnacek am Freitag. "Es ist zu überlegen, ob wir das zurücknehmen", sagte Pilnacek, der diesbezüglich aber auf die Zuständigkeit des Gesetzgebers verwies.

Das Gesetz zur Umsetzung des Europäischen Haftbefehls enthält eine Klausel, die eine Vollstreckung des Haftbefehls ausschließt, wenn die ihm zu Grunde liegenden Taten zumindest teilweise vor dem 7. August 2002 begangen worden sind. An diesem Tag hatten sich die EU-Justizminister auf den Europäischen Haftbefehl verständigt.

"Für Altfälle problematisch"

Causa Golowatow

Pilnacek betonte, dass auch andere EU-Staaten wie Frankreich eine entsprechende Einschränkung vorgenommen hätten. Dafür gebe es auch sachliche Gründe, schließlich sei erst damals die Grundlage für die justizielle Zusammenarbeit in der EU geschaffen worden. Die durch den Europäischen Haftbefehl geschaffene erleichterte Auslieferung sei daher "für Altfälle problematisch", weil es damals aufgrund großer Unterschiede der einzelnen Rechtssysteme kein grenzübergreifendes Vertrauen unter den Justizbehörden gegeben habe.

Als "großes Missverständnis" bezeichnete der Spitzenbeamte die Deutung, dass die Nicht-Anwendung des Europäischen Haftbefehls eine Auslieferung im Fall Golowatow bedeute, "dass wir die Taten nicht verfolgen können". Vielmehr sei österreichisches Auslieferungsrecht zur Anwendung gekommen. Umgekehrt hätte die Anwendung des Europäischen Haftbefehls auch keine automatische Auslieferung bedeutet, die österreichische Justiz hätte auch in diesem Fall eine "inhaltliche Prüfung" des Haftbefehls vorgenommen.

Golowatow wurde von Litauen mit einem Europäischen Haftbefehl wegen seiner angeblichen Rolle in der "Blutnacht" von Vilinus im Jänner 1991 gesucht. Er war damals Kommandant der KGB-Spezialeinheit "Alpha", die den Fernsehturm der litauischen Hauptstadt unter ihre Kontrolle bringen wolle. Damals starben vierzehn Menschen. Die Golowatow zur Last gelegten Taten ereigneten sich weit vor dem Beschluss des EU-Haftbefehls.

(APA)

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