Dörfler: "Generalprävention ist unerträglich"

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Gerhard Dörfler (FPK) im Gespräch mit der "Presse": Er versteht die Begründung des Scheuch-Urteils nicht, will ÖGB und AK zusammenlegen und Josef Ostermayer einen "hohen Landesorden" verleihen.

Die Presse: Gerhard Dörfler, zuvor viel gescholten und verhöhnt, bringt es mit der Ortstafellösung zu einem erstaunlichen bundesweiten Renommee. Anstatt das auszukosten, haut er sich sein Image gleich wieder selbst zusammen, indem er die Abschaffung des ÖGB fordert, eines privaten Vereins, und stattdessen die Arbeitnehmerrechte nur noch von der Arbeiterkammer mit ihrer Pflichtmitgliedschaft vertreten sehen will. Warum tun Sie das?

Gerhard Dörfler: Weil ich meine, dass wir Reformen in allen Bereichen setzen müssen. Ich habe ja auch die Frage aufgeworfen, wieso es drei Sportdachverbände braucht – das braucht genau niemand. Ähnliches gilt für die Arbeitnehmervertretung: Da habe ich zuletzt auch recht bekommen, von Gabi Burgstaller, die in der „Presse“ gemeint hat, dass die Lehrergewerkschaft einmal still sein soll. Es ist notwendig, die Vertretung der Rechte der Arbeitnehmer neu anzudenken. Die Bruttolohnzuwächse der Beamten sind in den vergangenen zehn Jahren um 26 Prozent gestiegen, die der Angestellten um vier Prozent, und die der Arbeiter sind um neun Prozent gesunken. Wo ist denn da die Gewerkschaft für die, die hackeln?


Aber einen Verein wie den ÖGB zu verbieten, wird schwierig werden.

Ich habe nie gesagt: verbieten. Ich habe gesagt: zusammenlegen. Der ÖGB und die AK, die eine sehr gute Vertretung für die Arbeitnehmerrechte ist, sollten zusammengeführt werden.


Sollte die Zwangsmitgliedschaft bei der AK dann abgeschafft werden?

Ich bin grundsätzlich gegen Zwangsmitgliedschaften. Aber bei der AK ist das aus heutiger Sicht eher schwer denkbar, weil sie im Verfassungsrang einzementiert ist. Aber ich nehme an, dass dieses Vermächtnis der Regierung Gusenbauer eines Tages via Brüssel aufgebrochen wird.


Werden Sie, Herr Landeshauptmann, nun auch FPK-Obmann?

Nein. Ich bin und bleibe Landeshauptmann für alle. Man kennt ja meine politische Biografie: Ich komme aus rotem Haus, mein Vater hat sich dann den Blauen zugewandt. Das war dann auch mein Weg – das Wort „Freiheit“ hat mich immer fasziniert.


Sie sind nun immerhin die unumstrittene Nummer eins bei den Kärntner Freiheitlichen. Eine Gefahr von den Gebrüdern Scheuch droht Ihnen wohl nicht mehr.

Es hat nie eine Gefahr gegeben. Es war immer der Versuch, den „guten“ Gerhard gegen den „bösen“ Uwe auszuspielen. Das war nie so. Als Parteichef hat Uwe Scheuch alles getan, dass die Partei diesen weiten Weg in der Ortstafelfrage mitgegangen ist.


Über die Höhe der Strafe für Uwe Scheuch kann man diskutieren, über den Schuldspruch an sich weniger, schließlich existiert ein Tonbandmitschnitt, auf dem er deutlich eine Provision für die Partei einfordert.

Es war sicher unglücklich, was bei diesem Kaffeeklatsch passiert ist. Aber: Wo ist der Investor? Mir scheint, dass das eine Legerpartie war. Dass ein solches Gespräch ohne Inhalt dann zu einer Strafe führt, die mit der Generalprävention begründet wird, das ist für mich unverständlich.


Sollte die Generalprävention, also die höhere Strafe für einen Einzelnen, um andere von solchen Taten abzuschrecken, abgeschafft werden?

Für mich ist das unerträglich. Wenn jemand schnell fährt, wird er dann auch eingesperrt, weil damit verhindert wird, dass andere Schnellfahrer einen Unfall produzieren? Ich kann die Generalprävention so nicht nachvollziehen und zur Kenntnis nehmen. Denn man sanktioniert einen, wer immer das ist – und ich behaupte: Wenn Uwe Scheuch rot oder schwarz wäre, hätte diese Generalprävention nicht stattgefunden. Diese kann nicht der Grund für eine Verurteilung sein, sondern die Fakten müssen es sein.


Wurde Scheuch stellvertretend für die Politikerkaste an sich und deren schlechtes Image verurteilt?

Es ist schade, dass die Politik so ein schlechtes Image hat. Diese sollte verbal abrüsten und sich mehr den Inhalten zuwenden.


Anscheinend war es bei den Kärntner Freiheitlichen Usus, Provisionen für die Partei zu verlangen. Wie auch bei der parteieigenen Agentur „Connect“.

Es ist schon erstaunlich, wie nun wieder versucht wird, Kärnten-Bashing zu machen. Ich war nie mit Staatsbürgerschaften konfrontiert. Ich habe zweimal interveniert, das ist bekannt. Das ist auch in anderen Bundesländern selbstverständlich für Menschen, die Arbeitsplätze schaffen. In Niederösterreich sind ganze Legionen von Handballerinnen eingebürgert worden. Wo war da der Vorteil für die Republik?


Zu „Connect“-Zeiten waren Sie Finanzreferent Ihrer Partei.

Ich habe diese Firma nicht gekannt, bis sie medial zum Thema wurde. Ich gehe davon aus, dass alles ordnungsgemäß abgerechnet wurde.


Wann werden die ersten neuen Ortstafeln aufgestellt?

Am 16. August. In der südlichsten Gemeinde Österreichs, in Bad Eisenkappel, fangen wir an. Der Bürgermeister, Franz Josef Smrtnik von der Enotna lista, ist nicht nur ein persönlicher Freund, auch die heurige Bachmann-Preisträgerin Maja Haderlap stammt von dort.


Und Josef Ostermayer wird dann von Ihnen persönlich in Kärnten eingebürgert?

Er wird einen hohen Landesorden bekommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 6. August 2011)

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