Analyse: Der Trend sagt, wo der ATX hingeht

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In Zeiten extremer Kursverluste fragen sich viele Anleger, wann die Trendwende kommt. Trendfolgeindikatoren können dabei wichtige Indizien liefern.

Wien. Nach zwei roten Börsenwochen fragen sich viele Anleger, wann es wieder zu einer Trendwende kommt. Jene, die noch investiert sind, um ihre finanziellen Wunden lecken zu können. Jene, die rechtzeitig ausgestiegen sind, um eventuell eine günstige Möglichkeit für den Wiedereinstieg zu erhalten. Da niemand in die Zukunft sehen kann, erweisen sich in solchen Zeiten Trendfolgeindikatoren als nützliches Hilfsmittel. Sie zeigen aktuelle Trends an den Börsen und - natürlich mit zeitlicher Verzögerung - den Wechsel zwischen Auf- und Abwärtsbewegungen.

Rauf oder runter?


Einer der gebräuchlichsten Indikatoren ist dabei der Moving Average Convergence Divergence-Indikator (MACD). Dabei werden aus zwei unterschiedlich langen Zeiträumen (meist zwölf und 26 Tage) Durchschnitte berechnet. Aus diesen beiden Werten werden dann zwei „geglättete" Linien gebildet, die „schnelle" oder MACD-Linie sowie die „langsame" oder Signallinie.
Auf ein Chart übereinandergelegt, geben diese beiden Linien nun folgende Hinweise: Gehen die beiden Linien auseinander, wird der bestehende Trend stärker. Nähern sich die beiden Linien wieder an, schwächt sich der Trend ab und eine Trendwende könnte bevorstehen. Diese erfolgt in der Regel, sobald sich die beiden Linien kreuzen. Schneidet die MACD-Linie die Signallinie dabei von unten, bedeutet dies steigende Kurse. Schneidet sie von oben, sind fallende Kurse zu erwarten.

Am Beispiel des ATX sieht man, dass die MACD-Linie die Signallinie Ende Juli von oben kreuzte. Kräftig fallende Kurse waren die Folge. Für die Zukunft deutet der MACD auf weitere Verluste hin. Dabei ist aber zu beachten, dass er starke Trendwenden mit kurzer Verzögerung anzeigt.
Um Fehlsignale zu vermeiden, sollte der MACD mit dem Relative-Stärke-Index (RSI) abgeglichen werden. Er ist ähnlich wie der MACD und andere technische Indikatoren auf den Homepages verschiedener Online-Broker abrufbar. Der RSI bewegt sich auf einer Prozentskala zwischen null und 100 Prozent. Überschreitet er die 75 Prozent, gilt das Wertpapier als „überkauft", eine baldige Korrektur nach unten ist zu erwarten. Dasselbe gilt für ein Unterschreiten der Marke von 25 Prozent.

Wie die Grafik zeigt, hat der RSI des ATX Anfang August die 25 unterschritten und liegt nun bei rund 15 Prozent - Tendenz bereits steigend. Es ist daher schon demnächst mit einer, zumindest kurzfristigen, Aufwärtsbewegung zu rechnen.

Zu guter Letzt können noch die Bollinger-Bänder Aufschluss über die weitere Entwicklung geben. Dabei werden ein gleitender Durchschnitt über die vergangenen 20 Tage sowie die statistische Standardabweichung berechnet. Zwischen diesem oberen und unteren Band pendelt der Kurs in der Regel. Stößt er an eines, bewegt er sich in die Richtung des anderen.

Durchbricht der Kurs - so wie jüngst der ATX - eines der beiden Bänder (diesmal das untere), führt das im Großteil der Fälle zu einer sofortigen Gegenbewegung. In seltenen Fällen, wie zur Zeit, wird dadurch aber auch ein ausgenommen kräftiger Trend eingeleitet. Doch auch diese Trends kehren nach einiger Zeit wieder in den Bereich innerhalb der Bänder zurück.

Signale noch zu ungenau


Noch sind die Ergebnisse der Indikatoren zu ungenau, um etwa einen Wiedereinstieg zu vollführen. Dieser sollte erst nach einem eindeutigen Signal erfolgen. Dadurch wird zwar der absolute Tiefpunkt verpasst - aber auch die Gefahr eines weiteren Verlusts verringert.

Bei eindeutigen Signalen gelten die technischen Indikatoren - sofern mehrere übereinandergelegt werden - aber als relativ sicher. Nicht nur, weil sie „so gut" sind. Zum Teil handelt es sich auch um eine „selbst erfüllende Prophezeiung", da viele Großinvestoren und automatisierte Broking-Programme damit arbeiten.

(c) Die Presse / HR

Was Sie beachten sollten bei... Trendfolgeindikatoren


Tipp1

Trendfolgeindikatoren sind Charts, die mittels spezieller Durchschnittslinien die Stärke aktueller Trends sowie den Wechsel zwischen Auf- und Abwärtsbewegungen anzeigen. Die Berechnung muss von Anlegern nicht selbst durchgeführt werden. Die Indikatoren lassen sich auf den Homepages von Online-Brokern abrufen.

Tipp2

Investoren, die auf Trendfolge-indikatoren achten, sollten immer mehrere Indikatoren für ein Wertpapier oder einen Index verwenden. So kann das Risiko eines falschen Signals eines einzelnen Indikators vermindert werden. Wenn drei oder mehr Indikatoren dasselbe Signal (Kaufen oder Verkaufen) geben, sind sie verlässliche Hilfsmittel.

Tipp3

Trendfolgeindikatoren gelten als selbst erfüllende Prophezeiung, da sie auch von Großinvestoren und automatisierten Programmen verwendet werden. Für Kleinanleger bedeutet das, dass der „optimale“ Ein- oder Ausstiegszeitpunkt zwar versäumt wird – sie bei strikter Beachtung der Signale aber von den Trends mitpartizipieren können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2011)

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