Der ORF braucht ein besseres Programm

Nicht die Politik muss mit dem ORF zufrieden sein, sondern das Publikum. Dort muss Wrabetz Stimmen sammeln.

Das Votum ist eindeutiger ausgefallen als erwartet: Mit 29 von insgesamt 35 Stimmen im Stiftungsrat sitzt Alexander Wrabetz in der zweiten Amtszeit als ORF-Chef auf einem dicken Polster politischer Zustimmung. Sogar die skeptische ÖVP hat sich letztendlich mit Zugeständnissen Stimmen abkaufen lassen. Gemütlich machen sollte es sich der neue alte ORF-General auf diesem Votum allerdings nicht. Politische Unterstützung ist mitunter rascher verspielt, als der rote „Freundeskreisleiter“ Niko Pelinka dem ORF-Chef das Wort P-O-L-I-T-I-K-E-I-N-F-L-U-S-S diktieren kann. Und sie ist auch nicht Legitimation genug.

Der ORF sollte zu allererst den Hörern und Sehern verpflichtet sein und von diesen als Leitmedium anerkannt werden. Das geht wiederum nur, wenn die Programme des ORF auch gern gesehen werden – und da fängt die neue alte Misere des Alexander Wrabetz an: Der Marktanteil des ORF ist während seiner ersten Amtszeit von 43,1 Prozent (2007) auf 38,2 (in Kabel-/Sat-Haushalten) gesunken. Und es wird nach Ansicht von Experten weiter bergab gehen. Gleichzeitig ist das ORF-Publikum laut einer vom „Kurier“ in Auftrag gegebenen OGM-Umfrage mit Wrabetz' erster Amtszeit nur zu 25Prozent zufrieden, 39 Prozent sind „nicht zufrieden“.


Begründet wird das unter anderem mit dem großen Einfluss der Politik auf den Öffentlich-Rechtlichen. Katastrophal ist aber auch die Bewertung der ORF-Unterhaltungsprogramme – also jenes Bereichs, in dem der Öffentlich-Rechtliche in direkte Konkurrenz zu den Privatsendern tritt. Die Information, wo das nicht der Fall ist, schneidet deutlich besser ab (was nicht heißt, dass es nicht auch hier noch deutlich besser ginge – z.B. Stichwort: Einladungspolitik bei Diskussionssendungen). Folglich muss die Forderung an Wrabetz lauten: Das Programm muss besser werden – österreichischer, individueller, qualitativ hochwertiger, denn das unterscheidet den ORF von den Privaten. Es wird nicht reichen, dass Politik und Stiftungsrat mit Wrabetz' Performance zufrieden sind. Ohne Publikum geht es nicht.

 

E-Mails an: isabella.wallnoefer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2011)


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