Dopingprozess: Mayer kämpft gegen Vorverurteilung

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Walter Mayer sieht sich als „Opfer einer Intrige“ und bestreitet alle von Mitangeklagten eingebrachten Vorwürfe. Zu Humanplasma-Fragen schweigt er, Ermittlungen wegen Abgabenhinterziehung laufen.

Wien. Runde zwei im Strafverfahren gegen Walter Mayer und vier weitere Personen, denen die Staatsanwaltschaft Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz (§5a) und das Antidopinggesetz (§22a) vorwirft. Drängten sich am Montag noch zig Fotografen um Mayer, war das Interesse am ehemaligen ÖSV-Langlauftrainer am Mittwoch nur noch äußerst gering. Als der 54-Jährige um 9.17 Uhr in der Mitte des Saales 211 zur Einvernahme Platz nahm, war schnell klar, das ein Marathon auf Kläger und Verteidiger wartet: „Ich bekenne mich absolut nicht schuldig.“

Mayer, der von 1999 bis 2006 die führende Betreuerposition im ÖSV-Langlauf und -Biathlon innehatte, wird beschuldigt, Sportler mit verbotenen Substanzen, Wachstumshormonen und Anabolika versorgt zu haben. Er wird dabei von einem Mitangeklagten, dem Dachdecker Karl Heinz R., schwer belastet. So gab R. am Montag zu Protokoll, dass bei Telefonaten der Codename „Katzenfutter“ für das bei Blutdoping beliebte Erythropoetin (EPO) verwendet wurde. Mayer: „Das habe ich nie gesagt. Ich kenne Brekkies. Meinten Sie die. . . ?“

Zwei Katzenfotos als Beweis

Mayer achtete auf seine Aussprache, die Nervosität war ihm anzumerken, schließlich drohen ihm bei einer Verurteilung bis zu drei Jahre Haft. Warum ihn die Mitangeklagten belasten, wisse er nicht. Es gäbe nur wenige Menschen in Österreich, die wie er derart mit Vorurteilen leben müssten. Er sieht sich als „Opfer einer Intrige“. Seine Überzeugung rührt sogar so tief, dass er der Soko Doping vorwarf, Protokolle gefälscht zu haben.

Doch zurück zu greifbaren Anschuldigungen. R. habe er im Sommer 2005 kennengelernt. Ihn hatte er als schlechten Langläufer in Erinnerung, er sei nie sein „Freund“ geworden. Auch habe er im Dezember 2005 nicht R. gefragt, ob er ihm Dopingmittel besorgen könnte, sondern umgekehrt. „Er hat mich gefragt, weil er immer hinten nachgelaufen ist“, sagte Mayer emotionsgeladen.

Auch habe er R. nur drei Mal in Kärnten besucht. Im April 2008 kam er gleich zweimal, um zwei „reinrassige“ Mekong-Katzen abzuholen. Seine Verteidiger übergaben, wohl zur Untermalung, Richterin Katharina Lewy Fotos der Vierbeiner. Auch ein Erlagschein über 1000 Euro, als Kaufpreis deklariert, wurde in Kopie überreicht. Mayer: „Dabei waren die Viecher gar nicht reinrassig, sondern nur Straßenrattler...“

Die einzigen Mittel, die er von R. tatsächlich bezogen habe, erklärte Mayer mit grimmigem Blick, seien Potenzmittel und ein „Abnehmsaft“ gewesen.

„Ich bin doch kein Idiot!“

Tiefgründiger wurden seine Ausführungen, als er zu einem bei der Hausdurchsuchung gefundenen „Vitaminpräparat“ befragt wurde. Das kaufe er doch seit 20 Jahren stets in Italien. Er sei doch kein „Idiot“, für solche Bestellungen auf die Dienste von R. zurückzugreifen. Solche Mittel habe doch der ÖSV über seine Mediziner mit Bestellungen bei Landeskrankenhäusern oder Apotheken in St. Johann und Radstadt bezogen, sagte Mayer aus. „Warum soll ich es kaufen, wenn ich es gratis bekomme?“ Er zeigte eine Liste und nannte 111.000 Euro, die der ÖSV von 2001 bis 2009 für die Anschaffung von „Zusatzpräparaten“ ausgegeben haben soll. Gesonderte Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Salzburg zu den Apotheken und ÖSV-Ärzten wurden bereits eingestellt. Staatsanwältin Nina Weinberger will diese gegen die Radstädter Apotheke nun neu aufrollen.

R. verbreite „puren Unfug“, auch die angeblich von Mayer betreute Seniorenlangläuferin, deren mitangeklagter Mann Hugo E. und die Pflegerin Martina M. würden „lügen“. Mayer versuchte mit detaillierten Zeitangaben, die Aussagen des Dachdeckers zu widerlegen. Ob seine akribische Vorbereitung überzeugt, bleibt ob offener Zeugeneinvernahmen, Anschuldigungen und deren Widersprüchlichkeiten fraglich. Für alle genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung.

Die Humanplasma-Ermittlung

Von großem Belang ist für die Staatsanwaltschaft auch die Humanplasma-Affäre. In den Räumlichkeiten der Wiener Firma soll auf Mayers Initiative hin von 2003 bis 2006 Sportlern Blut abgenommen und wieder zugeführt worden sein. Aus strafrechtlicher Sicht zwar absolut unbedenkliche Vorgänge, denn erst seit August 2008 ist Blutdoping verboten. Richterin Lewy befand allerdings, das Interesse an Mayers Kontakten zu Humanplasma sei „aus Gründen der Beweiswürdigung berechtigt“. Es gehe um seine Glaubwürdigkeit.

Mayer schwieg zunächst, gab dann aber zu, bei Humanplasma gewesen zu sein. Er bestritt, Termine ausgemacht oder Sportler hingebracht zu haben. Auch erteilte er Stefan Matschiner „niemals irgendwelche Aufträge“. Dann berief sich Mayer überraschend auf sein Recht. „Da ein Verfahren wegen Abgabenhinterziehung läuft“, werde er keine weiteren Fragen beantworten. Thomas Vecsey, Leiter der Medienstelle der Staatsanwaltschaft, bestätigte der „Presse“, dass „Ermittlungen gegen mehrere Personen“ im Gange sind. Kommt es zu einer Anklage wegen Steuerhinterziehung, werden die Namen aller Humanplasma-Kunden vielleicht doch noch offiziell.

Auf einen Blick

Walter Mayer beteuert weiter seine Unschuld. Da ein Mitangeklagter derzeit verhandlungsunfähig ist, wird der Prozess am 17. August fortgesetzt, Christian Hoffmann und Alois Stadlober sind als Zeugen geladen. Peter Schröcksnadel, Elmar Oberhauser, Anton Innauer, Steffi Graff wurden von der Verteidigung als Entlastungszeugen genannt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2011)

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