Der Bundespräsident sieht durch die Kritik am Urteil die Grenzen des Rechtsstaats "eindeutig" überschritten. Scheuch sagt unterdessen, er würde von jedem anderen in seiner Situation den Rücktritt verlangen.
Die Reaktionen der Freiheitlichen auf das Urteil gegen Kärntens Vize-Landeshauptmann Uwe Scheuch (FPK) empören Staatsoberhaupt Heinz Fischer. In einem Interview mit der Tiroler Tageszeitung schoss der Bundespräsident jetzt scharf gegen die FPÖ.
"Wenn die Kritik an einem Entscheid der Justiz ein Mindestmaß an Sachlichkeit vermissen lässt, wenn einfach versucht wird, Druck auszuüben, wenn Richter oder ganze Gerichtshöfe beschimpft und attackiert werden, wenn der Angeklagte versucht, sich selbst zum Richter und den Richter zum Beschuldigten zu machen, dann sind die Grenzen dessen, was politische Kultur und den Rechtsstaat ausmacht, eindeutig überschritten", erklärte Fischer im Gespräch in der "Tiroler Tageszeitung".
"Zum Glück nur Landespolitiker"
Fischer macht auch klar, dass ihm ein Rücktritt des wegen Geschenkannahme durch Amtsträger erstinstanzlich zu 18 Monaten teilbedingter Haft verurteilten Scheuch recht gewesen wäre. Er sei froh, dass dieser Politiker "nur" in einer Landes- aber nicht in der Bundesregierung sitze: "Wenn ein Regierungspolitiker in erster Instanz verurteilt worden wäre, hätte man sicher seinen Rücktritt verlangt. Übrigens am lautesten aus der Umgebung jenes Politikers, der jetzt nicht zurücktreten will."
Generell glaubt Fischer, dass man in Österreich mehr zum Sesselkleben neigt als in anderen Ländern: "Ich glaube, es ließe sich empirisch beweisen, dass die Grenzlinie, ab der ein Rücktritt als notwendig erachtet wird, in Österreich höher liegt als in Deutschland."
FPÖ werfen Fischer "Parteipolitik" vor
FPÖ-Generalsekretär Harald-Vilimsky nannte Fischers Kritik im Ö1-Mittagsjournal "eine parteipolitische Äußerung", die eher einem Parteisekretär zustünde, nicht aber einem Bundespräsidenten. Fischer habe jedenfalls "nie sein parteipolitisches Mäntelchen abgelegt". Auch Christian Ragger, stellvertretender FPK-Chef und Kärntner Soziallandesrat, wies Fischers Kritik zurück: Dieselben Freiheitlichen, die der Bundespräsident noch vor wenigen Wochen für die Lösung der Kärntner Ortstafelfrage gelobt hat, sind ihm jetzt schon wieder ein Dorn im Auge" erklärte Ragger in einer Aussendung. Offenbar gelte das Motto "Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan. Der Mohr kann gehen."
"Würde von jedem anderen Rücktritt verlangen"
Uwe Scheuch erklärte unterdessen in einem Interview mit der "Kärntner Krone", dass er von jedem anderen den Rücktritt verlangen würde, wenn dieser in seiner Situation, also erstinstanzlich verurteilt, wäre. "Das ist eben das politische Spiel", so Scheuch. Trotzdem will er vorerst zurücktreten. Falls das erstinstanzliche Urteil aber vom Oberlandesgericht Graz bestätigt wird, "dann bin ich weg", so Scheuch. "Ich habe ja keinen Vogel." Im Gefängnis will Scheuch ein Buch über Korruption schreiben, "denn ich wurde für ein System verurteilt. 130 Bürgermeister in Kärnten und die Landesräte müssen jetzt in Sorge sein - weil viele werden schon einen flapsigen Halbsatz gesagt haben."
(APA)