Bei Ladendiebstahl sinnvoll, bei Mord nicht

Justizanstalt f�r Jugendliche Gerasdorf, Gef�ngnis, Haft, Freiheitsentzug, Freiheit, Strafe, Strafvol
Justizanstalt f�r Jugendliche Gerasdorf, Gef�ngnis, Haft, Freiheitsentzug, Freiheit, Strafe, Strafvol(c) (Clemens Fabry)
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Generalprävention: Seit der Verurteilung Uwe Scheuchs ist das Wort in aller Munde. Doch was ist die Generalprävention? Und ist sie überhaupt sinnvoll? Im Fall Scheuch wäre eine Strafminderung übrigens auch denkbar, wenn der Politiker zurücktritt.

[Wien] Seit der Verurteilung Uwe Scheuchs ist das Wort „Generalprävention" in aller Munde. „Um andere von solchen Taten abzuschrecken und um das Geschwür der Korruption zu bekämpfen", hat der erstinstanzliche Richter Scheuch zur Haft verurteilt. Doch was ist die Generalprävention? Und ist sie überhaupt sinnvoll?

Während die Spezialprävention darauf abzielt, dass der konkrete Täter nicht rückfällig wird, soll die Generalprävention alle Bürger lehren, dass sich Verbrechen nicht lohnen. Man denke etwa an einen Bankdirektor, der erst nach der Pensionierung der Untreue überführt wird. Dieser könnte nicht mehr viel anstellen. Bestraft werden darf er aber, wegen der Generalprävention sowie wegen der Schuld, die er auf sich geladen hat. Doch die Generalprävention ist umstritten, führt sie doch dazu, dass jemand eine strengere Strafe bekommt, als sie konkret nötig wäre. „Die Generalprävention ist unerträglich", meint etwa Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler zum Fall Scheuch.

Was sagt Helmut Fuchs, Vorstand des Instituts für Strafrecht an der Uni Wien, zu Dörflers Worten? „Ich sehe das auch so", sagt Fuchs - aber nur, wenn man mit der Generalprävention die Abschreckung vor diesem konkreten Delikt beabsichtige. Die Generalprävention habe hingegen ihre Berechtigung, wenn das Urteil allgemein das Rechtsbewusstsein der Bevölkerung stärkt. Es dürfe also nicht bloß um eine Warnung vor verbotener Geschenkannahme gehen, sondern um ein Zeichen, dass Gesetze generell einzuhalten sind. „Deswegen ist die Generalprävention auch bei leichteren Delikten wie etwa Ladendiebstahl am wichtigsten", sagt Fuchs zur „Presse". Bei Mord hingegen mache die Generalprävention wenig Sinn. Die Moralvorstellung, dass Mord etwas Schlechtes ist, sei in der Gesellschaft nämlich schon gefestigt.

Ungerecht sei es aber auch, jemanden härter zu bestrafen, bloß weil er bei einem Delikt erwischt wurde, das selten aufgedeckt wird, meint Fuchs. Das bringe auch nichts, weil sich potenzielle andere Straftäter nicht abschrecken lassen, solange die Aufklärungsquote gering bleibt. „Wir sind ja alle Optimisten und spielen auch Lotto", betont der Strafrechtsexperte.

Scheuch: „Härterer Maßstab"

Im Fall Scheuch sieht Fuchs weniger generalpräventive Gründe für eine hohe Strafe, hier gehe es eher um die Tat. Wer Staatsbürgerschaften gegen Geld abtauschen wolle, verletze ein „wichtiges Rechtsgut". Überdies sei es „schulderhöhend", wenn Scheuch trotz seines Amts ein Fehlverhalten gesetzt habe. Für Fuchs ist das nicht rechtskräftige Urteil (18 Monate, sechs davon unbedingt) „hart, aber nicht exzessiv".

Auch Scheuch selbst erklärte, „er sehe ein, dass der Maßstab für mich härter ist", wie er der „Kärntner Krone" sagte. Allerdings betont er, unschuldig zu sein. Entscheiden muss das nach der Berufung Scheuchs das Oberlandesgericht Graz. Tritt Scheuch zuvor zurück und zeigt so Reue, könnten die Grazer Richter aber auch im Falle eines Schuldspruchs die Strafe mäßigen. „Das Verhalten nach der Tat spielt bei der Strafbemessung eine Rolle", sagt Fuchs. Das beziehe sich auch auf das Verhalten nach dem erstinstanzlichen Schuldspruch.

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