Jetzt erst recht: Scheuch will bleiben

Jetzt erst recht Scheuch
Jetzt erst recht Scheuch(c) GERT EGGENBERGER / APA / picture (GERT EGGENBERGER)
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Uwe Scheuch hat den Rücktritt erwogen, will sich aber nicht dazu zwingen lassen. Während dieser das Bundesland spaltet, ist der Unmut gegenüber seinem Richter abgeebbt, er verkniff sich weitere Angriffe.

Klagenfurt. Uwe Scheuch ist derzeit auf Urlaub. Und es spricht viel dafür, dass er nach diesen 14 Tagen seine Amtsgeschäfte als Landeshauptmannstellvertreter entgegen anders lautenden Gerüchten wieder aufnimmt.

Allerdings: Uwe Scheuch habe sehr wohl mit dem Gedanken gespielt, bereits jetzt zurückzutreten, berichten Vertraute. Doch die „Medienhetze“ hätte ihn davon wieder abgebracht. Das Fass zum Überlaufen gebracht habe dabei das Interview des Bundespräsidenten in der „Tiroler Tageszeitung“ (Freitagsausgabe): Darin kritisierte Heinz Fischer, dass die Grenzen in einem Rechtsstaat überschritten würden, „wenn Gerichtshöfe beschimpft werden und der Angeklagte sich selbst zum Richter und den Richter zum Beschuldigten macht.“

Im Falle Uwe Scheuchs sei das wie mit dem berühmten „wilden Stier“, zieht ein hochrangiger FPK-Funktionär Parallelen zum Bauernstand, dem Scheuch entstammt: „Wenn man ihn in die Enge treibt, dann wird er noch zorniger.“ Man könne mit Scheuch vernünftig reden, und er sei auch einsichtig, aber wenn man versuche, ihn mittels einer „Kampagne“ zum Rücktritt zu zwingen, so könne das nicht funktionieren.

In der Wortwahl gemäßigt

Uwe Scheuch selbst hat sich in den vergangenen Tagen in der Wortwahl deutlich gemäßigt. Angriffe auf die Justiz oder den Richter verkniff er sich. Und auch das Flugblatt, das in seinem Namen von der FPK ausgeschickt wurde, versuchte er retrospektiv zu relativieren: Er habe das in der ersten Emotion nach dem Schuldspruch in Auftrag gegeben. So hat auch sein Chauffeur argumentiert, der den Richter via Leserbrief verflucht, sich später aber dafür entschuldigt hatte.

Die Wogen rund um den Wörthersee scheinen sich geglättet zu haben: Laut dem Sprecher des Landesgerichts Klagenfurt habe es zuletzt keine Beschimpfungen oder Drohungen gegen Richter Christian Liebhauser-Karl mehr gegeben. Bei der Staatsanwaltschaft anhängig sind noch Ermittlungen bezüglich einer „Morddrohung“ gegen den Richter. Auf der FPK-Veranstaltung am Abend nach der Urteilsverkündung soll ein FPK-Funktionär gesagt haben: „In Kalabrien würde der Richter nicht mehr leben.“ In der FPK heißt es allerdings, es habe nie ein Funktionär so etwas von sich gegeben, das sei von einem Provokateur, möglicherweise einem Journalisten, gekommen.

Die Stimmung im Land hat sich gedreht: Waren anfangs noch Richter und Justiz Ziel der Erregung, so hat sich diese nun gegen die Landeshauptmannpartei gewandt. Sodass zuletzt sogar Klagenfurts FPK-Bürgermeister Christian Scheider und Landeshauptmann Gerhard Dörfler selbst ausrücken mussten, um einzugestehen, dass man mit der Kritik an der Justiz überreagiert habe, Beschimpfungen unzulässig und das Flugblatt eigentlich überflüssig gewesen sei. Wobei die Höhe der Strafe – sechs Monate Gefängnis – nicht nur in Parteikreisen, sondern auch in weiten Teilen der Bevölkerung sehr wohl als zu streng und kritikwürdig angesehen wird.

Die Affäre Scheuch hat zuletzt auch der Bundes-FPÖ – zumindest in den Umfragen – geschadet. Auch Scheuch selbst ist bewusst, dass er polarisiert. Deswegen hat er über einen Rücktritt zumindest nachgedacht. Nun will er aber das letztinstanzliche Urteil des Oberlandesgerichts Graz abwarten.

In der „Kärntner Krone“ wird Uwe Scheuch mit den Worten zitiert: Selbstverständlich würde er von anderen in so einer Situation den Rücktritt verlangen („Das ist eben das politische Spiel“). Und er fügt selbstkritisch hinzu: „Manchmal verlässt bei mir schon ein Gedanke den Mund ohne eine Zäsur [sic!] durchs Gehirn.“

Auf einen Blick

Die Causa Scheuch. Wegen Geschenkannahme wurde Uwe Scheuch zu 18 Monaten Haft, davon sechs unbedingt, verurteilt. Er soll in einem Telefonat mit einem ehemaligen Parteifreund die Staatsbürgerschaft für einen russischen Investor angeboten haben. Gegenleistung: eine Spende für die Partei („part of the game“).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2011)

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