Spanien: Schwierige Mission für den Papst

(c) AP (Damir Sencar)
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Am Donnerstag wird Papst Benedikt XVI. zu den Weltjugendtagen in Madrid erwartet. Das katholische Kirchenoberhaupt bleibt bis Sonntag in der Stadt. Allerdings es gibt auch Kritik an der kostspieligen Visite.

Madrid. Madrid hat sich in Schale geworfen: Gelb-weiße Fahnen wehen auf den großen Alleen der spanischen Hauptstadt. Viele Blumenbeete am Straßenrand sind ebenfalls mit den Farben des Vatikans bepflanzt. Poster von Papst Benedikt XVI. schmücken die Metropole. Kioske verkaufen Papst-Postkarten, Kruzifixe, Rosenkränze – und sogar gelbweißes Toilettenpapier mit der Aufschrift „Willkommen, Benedikt!“.

Knapp eine halbe Million junger Pilger aus aller Welt hat sich für den am heutigen Dienstag in Madrid beginnenden sechstägigen Jugendtag angemeldet. Höhepunkt ist der Besuch von Papst Benedikt XVI., der am Donnerstag eintrifft. Das katholische Kirchenoberhaupt bleibt bis Sonntag in der Stadt, feiert mehrere Messen und eine Prozession mit den Jugendlichen. Zum Abschlussgottesdienst auf einem Flugplatz am westlichen Stadtrand wird eine Million Gläubige erwartet.

Es ist eine schwierige Mission für den 84-jährigen Oberhirten: Auch in Spanien, das lange Zeit als fast hundertprozentige katholische Bastion galt, laufen der Kirche die Schäfchen davon. Nur noch rund 70 Prozent der rund 46 Millionen Einwohner bezeichnen sich laut dem staatlichen Umfrageinstitut CIS als katholisch, Tendenz weiter sinkend. Von den Katholiken geht nur noch jeder Zehnte regelmäßig zur Messe.

In Spaniens junger Generation sieht es noch düsterer aus: Lediglich jeder zweite fühlt sich von der Kirche überhaupt noch angesprochen. In der Sonntagsmesse sieht man fast ausschließlich ältere Menschen.

„Kein Steuergeld für den Papst“

Päpstliche Glaubensrichtlinien wie die Ablehnung von Abtreibung, Ehescheidung oder Verhütungsmitteln werden von der großen Mehrheit aller Spanier ignoriert. Nur ein Drittel aller Spanier führt noch Kirchensteuer ab. Zum schwindenden Einfluss der Kirche trug auch Spaniens sozialdemokratischer Regierungschef José Luis Zapatero bei, der mit gesellschaftlichen Reformen den Zorn der Bischöfe provozierte: Zapateros Regierung setzte in den vergangenen Jahren Homo-Ehe, Express-Scheidung und Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs durch.

Zudem erwarten den Papst auch massive Proteste auf der Straße: Am Mittwochabend wollen in Madrid 150 Organisationen – darunter Jugendinitiativen, christliche Laienbewegungen und kritische Theologengruppen – gegen Benedikts Besuch sowie den Kurs der Amtskirche demonstrieren. „Kein Geld von meinen Steuern für den Papst“, lautet ihr Motto.

Für Ärger sorgt vor allem, dass der katholische Weltjugendtag samt Papstbesuch nach offiziellen Angaben mehr als 50 Millionen Euro kostet, nach Schätzungen der Kritiker sogar bis zu 100 Millionen.

Dieser „Pomp“ sei ein „sozialer Skandal“, schrieben 120 spanische Priester in einem Protestbrief. Zumal in einem Land, das unter einer tiefen Wirtschaftskrise und horrender Massenarbeitslosigkeit leidet, in dem die Jugend wenig Perspektiven hat: Fast jeder zweite junge Spanier unter 25 Jahren ist ohne Job.

Lexikon

Die katholischen Weltjugendtage wurden von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1985 ins Leben gerufen. Die letzten dieser globalen christlichen Jugendfestivals fanden 2005 in Köln und 2008 im australischen Sydney statt.

Für Madrid hat sich knapp eine halbe Million junger Christen angemeldet. Die Weltjugendtage beginnen am heutigen Dienstag. Papst Benedikt XVI. wird für Donnerstag erwartet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2011)

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