SPÖ gegen Mikl-Leitners Antiterrorplan

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Die ÖVP verstärkt ihre Bemühungen, sich im Herbst als Sicherheitspartei zu positionieren. Der Regierungspartner macht bei Vorstoß der Innenministerin Mikl-Leitner zur Ausweitung der Gefahrenabwehr nicht mit.

Wien. Die ÖVP versucht jetzt zusehends, sich in der rot-schwarzen Koalition als „Sicherheitspartei“ zu profilieren. Gleichzeitig ist der seit dem Frühjahr amtierende ÖVP-Obmann Michael Spindelegger bemüht, damit die weitere Abwanderung potenzieller Wähler in Richtung der FPÖ von Heinz-Christian Strache zu bremsen.

Die ÖVP erhöht deswegen den Druck auf den Koalitionspartner SPÖ, möglichst rasch ein neues Antiterror-Paket zu schnüren. Die SPÖ ist zwar bereit, schon heuer im Herbst weitere Maßnahmen (darunter Aufstockung der finanziellen Mittel, neue Straftatbestände bei Aufrufen zu Terror) mitzutragen. Bei der von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) im Rahmen des Pakets angestrebten Ausweitung der Gefahrenabwehr auch ohne konkreten Tatverdacht winkt die SPÖ-Führung jedoch ab. „Das ist für die SPÖ äußerst problematisch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man ins Blitzblaue ermittelt und Freiheit und Grundrechte verletzt“, stellte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter am Montag im Gespräch mit der „Presse“ klar.

Nachdem „Die Presse“ in der Vorwoche berichtet hatte, dass die Verhandlungen zwischen dem Innenressort und dem Justizressort von Beatrix Karl auf ÖVP-Seite und SPÖ-Verhandlern schon im Laufen sind, preschte Vizekanzler Spindelegger am Wochenende in der „ZiB1“ und in der „Kronen Zeitung“ vor und stärkte Mikl-Leitner bei ihren Plänen zur Ausweitung der Gefahrenforschung den Rücken. Behörden soll künftig unter anderem ermöglicht werden, Daten mit ausländischen Nachrichtendiensten abzutauschen. Das Massaker vom 22. Juli in Norwegen sei dafür allerdings nicht der unmittelbare Anlass, stellte der ÖVP-Obmann klar.

Während auch Kräuter bei weiteren geplanten Punkten zur Terrorismus-Prävention nach Verhandlungen und Präzisierungen durch die beiden ÖVP-Ministerinnen bis zum Herbst mit einer Einigung rechnet („das werden wir zusammenbringen“), legt er sich gegen jene Ansinnen des Innenressorts, hinter denen der Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrrorismusbekämpfung, Peter Gridling, als treibende Kraft steht, quer. „Da werden wir keine weiteren Verschärfungen akzeptieren“, betonte der SPÖ-Bundesgeschäftsführer. Diese seien bei der Suche nach etwaigen Terroristen auch nicht wirklich aussichtsreich und stehen in einem liberalen Rechtsstaat in keiner Relation.

Justizministerin Beatrix Karl ist momentan auf Wunsch der SPÖ dabei, ihren Teil des Antiterror-Pakets mit dem Vorschlag für neue Straftatbestände auszuformulieren. Ein überarbeiteter Entwurf soll bis Ende August vorliegen. „In dem Teil werden wir uns ganz sicher finden“, so Kräuter. Voraussetzung sei, dass dann beispielsweise genau definiert werde, was das „Gutheißen“ von terroristischen Aktionen umfasse. Im September soll es auf parlamentarischer Ebene Gespräche geben.

Notfalls auch mehr Personal

Im Antiterror-Paket, das Karl und Mikl-Leitner bereits Ende Juni präsentiert haben, sind auch zusätzlich zehn Millionen Euro für eine bessere technische Ausstattung der Exekutive zur Terror-Prävention vorgesehen. Kräuter geht noch weiter: Sollte es notwendig sein, dafür zusätzliches Personal, etwa EDV-Experten, zu holen, so wäre die SPÖ damit einverstanden: „Das ist vertretbar.“

Die ÖVP ist erkennbar dabei, Mikl-Leitner als Sicherheitsministerin in den Mittelpunkt zu rücken: Als Signal wird die erste von mehreren Themenkonferenzen der Volkspartei unter Obmann Spindelegger der Sicherheit gewidmet sein. Der 14. Oktober ist als Termin fixiert, wie der „Presse“ bestätigt wurde. Das Thema Integration, das mit Staatssekretär Sebastian Kurz auch im Innenministerium angesiedelt ist, wird zunächst bewusst ausgeklammert. Es wird voraussichtlich vor Weihnachten bei der zweiten ÖVP-Konferenz zum Thema Familie behandelt.

Über Anti-Terror-Maßnahmen wird in der Koalition verhandelt. Pläne von Justizministerin Karl und Innenministerin Mikl-Leitner (ÖVP) sehen vor: Datenabtausch mit ausländischen Nachrichtendiensten; „erweiterte Gefahrenforschung“ ab einer statt bisher ab drei Personen; neue Straftatbestände bei Aufruf oder „Gutheißen“ von Terror. Die SPÖ rechnet zwar mit einer Einigung im Herbst, ist jedoch gegen eine Gefahrenabwehr ohne Tatverdacht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2011)

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