Student wollte Papstkritiker vergiften

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Ein fanatischer Chemiestudent aus Mexiko hatte im Internet Mitstreiter für einen Angriff mit Giftgas auf Gegner des Weltjugendtags geworben. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden massiv verschärft.

Madrid. Terrorangst in der spanischen Hauptstadt Madrid vor dem heutigen Beginn des Papstbesuchs beim Weltjugendtag: Nachdem ein fanatischer Chemiestudent offenbar einen Anschlag mit Gift- oder Reizgas gegen Anti-Papst-Demonstranten geplant hatte, wurden die Sicherheitsvorkehrungen für den insgesamt viertägigen Besuch von Papst Benedikt XVI. massiv verschärft. Mehr als 10.000 Polizisten und Soldaten sollen das Kirchenoberhaupt und seine Anhänger in Madrid schützen.

Der 24-jährige Student war in der Nacht auf Mittwoch verhaftet worden. Laut Polizei wollte der Mann, der aus Mexiko stammt, „Gas und andere chemische Substanzen“ gegen die Demonstranten einsetzen. Der junge Mann, der in Madrid Chemie studiert, habe zudem versucht, in Foren im Internet Gesinnungsgenossen anzuwerben. Die Polizei war dabei auf den rechtsradikalen Extremisten aufmerksam geworden.

So hatte er im Internet dafür geworben, die Papstgegner in Madrid „zu erledigen“, berichtet die große spanische Tageszeitung „El País“ unter Berufung auf die Behörden. Der Mann habe unter anderem davon gesprochen, „Sarin-Gas zu fabrizieren“. Mit diesem Giftgas, das 1939 erstmals bei Experimenten in Deutschland mit Insektenvernichtungsmitteln erzeugt worden war und später in den Giftgasarsenalen unter anderem der USA und UdSSR Platz fand, hatte 1995 die radikale japanische „Aum-Sekte“ einen Anschlag in der U-Bahn von Tokio verübt – damals starben 13 Menschen, mehr als 6000 Personen sind verletzt worden.

Sarin bewirkt, einfach gesagt, eine extreme Überreizung des Nervensystems und am Ende dessen Zusammenbruch und den Tod. Symptome sind unter anderem Atemnot, Zuckungen, Erbrechen und Bewusstlosigkeit.

Rezepte für Sarin gefunden

Bei einer Durchsuchung der Wohnung des Verdächtigen habe man auf Datenträgern und Notizblöcken Anleitungen zum Einsatz von Sarin und anderen Substanzen gefunden, teilte die Polizei mit. Der Mann war in der Nähe des Madrider Messegeländes verhaftet worden, wo derzeit zehntausende junge Pilger untergebracht sind.

Die Ermittler zogen Parallelen zum Anschlag jenes norwegischen Rechtsradikalen, der am 22.Juli in Oslo und auf der Insel Utøya insgesamt 77 Menschen getötet hatte. Auch dieser 32-jährige Extremist hatte zuvor im Internet von seinen Terrorabsichten gesprochen, ohne besonders ernst genommen zu werden. Diesen Fehler wollte Spaniens Polizei nicht begehen.

Rund 150 kirchenkritische und auch liberal-christliche Initiativen hatten zum Protest gegen den heute beginnenden Papstbesuch aufgerufen. Der Protest richtet sich vor allem gegen die Millionenkosten der Visite, die nach offiziellen Angaben mehr als 50 Millionen Euro betragen. Die katholische Kirche erklärt aber, dass der Steuerzahler „keinen Euro“ zahlen muss, da die Kosten durch Beiträge der Jugendtagsteilnehmer und durch Sponsoren aus der Wirtschaft (darunter Coca-Cola und einer Brauerei) getragen werden. Die Kritiker bezweifeln diese Rechnung.

Eine Million Gläubige erwartet

Zum bereits am Dienstag angelaufenen Weltjugendtag, der bis Sonntag dauert, haben sich eine halbe Million junge Christen angemeldet. Höhepunkte sind die Begegnungen mit BenediktXVI., der an allerhand Feiern und einer Prozession durch Madrids Innenstadt teilnimmt. Zur Abschlussmesse am Sonntag auf einem Flugplatz am westlichen Stadtrand werden eine Million Menschen erwartet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2011)

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