HP gibt im Tablet-Krieg auf und will PC-Sparte trennen

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FILE - In this Sept. 20. 2010 file photo, the corporate logo for Hewlett-Packard Co. is displayed at AP (Mark Lennihan)
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Der Traditionshersteller räumt das Feld für Apple und will in Zukunft mehr auf Software und Dienstleistungen setzen. Dell ätzt bereits über den Plan. Noch im Mai wollte HP bei Tablets "Nummer eins plus" werden.

Der bisher größte PC-Hersteller der Welt will keine PCs und Laptops mehr bauen. Hewlett-Packard (HP) will sein Privatkundengeschäft abspalten und auch das Tablet- und Handy-Betriebssystem webOS einstellen. Damit gibt das Unternehmen das Feld Apple frei, dessen iPad den Tablet-Markt bisher haushoch dominiert und dessen Macbooks mehr Profit abwerfen. HPs eigenes Tablet Touchpad war erst im Jänner vorgestellt werden, enttäuschte aber im Verkauf. Die Restrukturierungspläne gab HP bei der Bekanntgabe seiner Quartalszahlen bekannt. Diese sehen sogar nicht so schlecht aus. Der Umsatz konnte von 30,7 auf 31,2 Milliarden Dollar gesteigert werden.

Wer die PC-Sparte übernehmen soll, und in welchem Ausmaß sie erfolgt, ist bisher nicht bekannt. Die Umstrukturierung soll in den nächsten 12 bis 18 Monaten erfolgen. Die Konkurrenz höhnt inzwischen über HP. Michael Dell, Chef des gleichnamigen Herstellers, schreibt auf Google+, man könne die ausgegliederte PC-Sparte doch Compaq nennen. HP hatte genau dieses Unternehmen 2002 erworben, um sich in diesem Segment stärker zu etablieren.

Teurer Rohrkrepierer

Noch im Mai hatte HP vollmundig verlautbart, man wolle in der Tablet-Welt "Nummer eins plus" werden. Doch die Realität war eine andere. Das Touchpad wirkte bei der Veröffentlichung im Juli unfertig und war preislich etwas zu teuer angesetzt. Panikartig eingeführte Rabatte konnten an dem Misserfolg nichts mehr ändern. Die Investition war für HP allerdings teuer. Das webOS-System wurde um 1,2 Milliarden Dollar zugekauft. Zwar wirft die Gruppe rund um Privatgeräte, also neben Tablets und Smartphones auch Laptops und Heim-PCs, immerhin jährlich 41 Milliarden Dollar an Umsatz ab - am Ende bleiben davon allerdings nur knapp sechs Prozent operativer Gewinn übrig.

Während HP beim Umsatz Apple bisher immer übertrumpfen konnte, hat die "iFirma" den US-Traditionshersteller beim Gewinn schon seit einiger Zeit überholt. Ähnlich war die Situation auch vor einigen Monaten für Nokia. Der finnische Hersteller war beim Umsatz vorne, Apple macht aber mit dem iPhone dennoch mehr Profit. Rechnet man, wie die Marktforscher der NPD Group, Tablets in die PC-Verkäufe hinein, hat Apple bei tragbaren Geräten HP inzwischen auch überholt.

Software liefert mehr Profit

Hewlett-Packard hatte in der Vergangenheit stets Spekulationen dementiert, wonach der Konzern Verhandlungen mit Interessenten über einen Verkauf oder eine Abspaltung seiner PC-Sparte führe. Für HP läuft es unter Firmenchef Leo Apotheker, dem im vergangenen November angetreten war, nicht rund. Der sinkende Bedarf an PCs veranlasste den Ex-SAP-Chef vor kurzem, die Prognosen für das Geschäftsjahr einzudampfen. Abgesehen davon, dass die PC-Produktion an sich eine schlechtere Rendite abwirft als Software oder Dienstleistungen, hat HP zudem Probleme im Geschäft mit Privatkunden.

IBM lässt grüßen

Die Entscheidung HPs erinnert an einen drastischen Schritt, den IBM 2004 tätigte. Damals wurde die PC-Sparte an den chinesischen Hersteller Lenovo abgestoßen. Seither konzentriert sich "Big Blue" mit Erfolg auf Unternehmen und Großrechner. HP plant einen ähnlichen Weg und will auf Online-Dienstleistungen setzen. Mehrere Zukäufe deuten auf diese Richtung hin. HP will aktuell etwa das britische Softwarehaus Autonomy um rund zehn Milliarden Dollar (knapp sieben Milliarden Euro) kaufen. Die Anleger konnte Hewlett-Packard mit den Ankündigungen zunächst nicht überzeugen: Die Aktie ging auf eine scharfe Talfahrt und verlor mehr als sechs Prozent.

(db/Ag.)

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