Bei SAP mangelte es Léo Apotheker an Strategie, HP krempelt er nun völlig um.
Ich bin sprachlos. HP hatte mehrere gute interne Kandidaten, und dann nehmen sie einen Mann, der vor Kurzem bei SAP gefeuert wurde, weil er schlechte Arbeit gemacht hat.“ Diese Worte bemühte Oracle-Chef Larry Ellison, als im November 2010 klar wurde, wer dem weltgrößten PC-Konzern künftig vorstehen werde. Und wahrlich, als Léo Apotheker zum neuen Chef von Hewlett-Packard ernannt wurde, staunte die Branche nicht schlecht. Nur wenige Monate zuvor hatte Apotheker beim Softwarekonzern SAP nach Unstimmigkeiten das Handtuch geworfen. Und plötzlich tauchte er, mit einem neuen Topjob in der Tasche, wieder auf.
Viele Jahre, mehr als 20, hatte er bei SAP verbracht. Vom Vertriebsmitarbeiter zum Manager hatte sich der heute 57-Jährige hochgearbeitet. Seine Zeit als Vorstandschef konnte er jedoch kaum ein Jahr genießen. Kritikern fehlte eine klare Strategie Apothekers, der internationale Beziehungen und Volkswirtschaft studiert hatte. Sowohl Mitarbeiter, als auch Kunden, äußerten zunehmend ihren Unmut. Sein Sparkurs und höhere Kosten für Dienstleistungen stießen im Unternehmen auf wenig Gegenliebe.
Das, was Léo Apotheker bei seinem alten Arbeitgeber SAP versäumt zu haben scheint, versucht er nun bei Hewlett Packard nachzuholen: Der Softwaremanager krempelt das Unternehmen vollständig um. Apotheker wird gemeinhin als brillant beschrieben, aber auch autoritäre Charakterzüge werden ihm nachgesagt. Marketing-Genie, so wie Apple-Chef Steve Jobs, soll er zwar keines sein, verkaufen könne er aber allemal: Die fünf Sprachen, die er spricht, dürften ihm dabei wohl keineswegs schaden. nst
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2011)