Weltjugendtag: "Wir sind stärker als der Regen"

Weltjugendtag sind staerker Regen
Weltjugendtag sind staerker Regen(c) REUTERS (SUSANA VERA)
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Heißes und stürmisches Ende des Weltjugendtages auf einem Flugplatz nahe Madrid. Der Papst ruft zu Standhaftigkeit im Glauben auf, mehrere Personen werden von einem umgewehten Mast verletzt.

Ein Meer von Menschen harrte vor Papst Benedikt XVI. aus. Trotzte der höllischen Hitze, Sturm und Regen. Feierte mit Sprechchören und Jubelsang ihren „Benedicto“, als ob er ein Rockstar wäre. Annähernd eineinhalb Millionen Menschen kamen nach Schätzungen der Polizei zur Abschlussmesse des Weltjugendtages auf das Flugplatzgelände am Rande von Madrid. Es war die größte kirchliche Veranstaltung, die Spanien, wo der Kirche ebenfalls der Wind heftig ins Gesicht bläst, je gesehen hat.

„Danke für das Ausharren, wir sind stärker als der Regen“, rief das Kirchenoberhaupt der Menge zu. Bereits während einer Feier am Vorabend waren dunkle Gewitterwolken über dem Flugplatz mit dem unheilschwangeren Namen „Vier Winde“ aufgezogen. Gerade als der Papst zur Rede ansetzte, begannen Böen an der Riesenbühne zu rütteln. Blitze erleuchteten den Himmel. Ein Lichtmast stürzte um, verletzte sieben Menschen, sie erlitten Knochenbrüche. Benedikt musste seine Rede abbrechen.

Vor der Andacht Hitzeschlacht

Aus der ruhigen Gemeinschaftsandacht am Samstagabend wurde so eine recht stürmische Gebetswache. Doch die Regengüsse brachten den hunderttausenden jungen Gläubigen immerhin endlich jene Abkühlung, auf die sie den ganzen Tag lang flehentlich gehofft hatten: Bei nahezu 40Grad hatten sie nämlich in brüllender Hitze und ohne Schatten stundenlang auf dem heißen Flugfeld ausgehalten, um an der Massenandacht teilzunehmen.

Die Feuerwehr beregnete aus dicken Wasserschläuchen die Wartenden. Die Trinkwasservorräte auf dem Flugfeld wurden am Ende knapp, riesige Schlangen bildeten sich vor den Wasserdepots, deren Vorräte irgendwann versiegten. Rund 2500Pilger mussten mit Hitzschlag, wegen Übelkeit oder Flüssigkeitsmangel von Sanitätern behandelt werden. Zigtausende waren auch über Nacht auf dem Flugplatzgelände geblieben, um am Sonntag am Schlussgottesdienst teilzunehmen.

„Jesus-Zerrbild“ als Gefahr

Während der Open-Air-Messe am Sonntagmorgen zeigte der Wettergott sich wieder gnädig. Der Papst rief die Jugendlichen auf, sich in ihrem Glauben nicht beirren zu lassen und ihn „in der Gemeinschaft der Kirche“ zu leben. „Wer der Versuchung nachgibt, auf seine eigene Weise Jesus zu folgen oder den Glauben entsprechend der in der Gesellschaft vorherrschenden individualistischen Auffassung zu leben, läuft Gefahr, Jesus Christus niemals zu begegnen oder letztlich einem Zerrbild von ihm zu folgen.“

Knapp eine halbe Million junger Menschen aus 193 Ländern hatten sich zum Weltjugendtag in Madrid offiziell angemeldet. Die meisten jugendlichen Pilger kamen aus europäischen Ländern. Zum Abschlussgottesdienst waren aber auch zigtausende spanische Familien und andere, nicht angemeldete Gäste gekommen.

Papst Benedikt kündigte an, dass der nächste Weltjugendtag im Jahr 2013 im brasilianischen Rio de Janeiro stattfinden werde. Zudem gedachte er der Opfer jenes Flugzeugabsturzes, bei dem vor genau drei Jahren auf dem internationalen Flughafen von Madrid 154 Menschen starben.

Der sechstägige Weltjugendtag war bereits im Vorfeld in Spanien umstritten und wurde von kirchenkritischen Demonstrationen begleitet, die teilweise gewaltsam von der Polizei aufgelöst wurden. Dabei gingen einige Beamte auch gegen Journalisten und Unbeteiligte vor. Nachdem Medien und Presseorganisationen „Exzesse“ beklagten, wurde nun eine interne Untersuchung über das Vorgehen der Polizei eingeleitet.

Treffen mit 104-jähriger Nonne

Die vermutliche älteste Papstpilgerin, mit der Benedikt am Wochenende auf dem Weltjugendtag zusammentraf, war übrigens die 104-jährige spanische Nonne Sor Teresita. Sie lebt seit 84 Jahren in einem Kloster in dem zentralspanischen Dorf Buenafuente del Sistal in Klausur – also ohne ihre Klosteranlage je zu verlassen.

Nun, auf Einladung ihres Kirchenoberhaupts, kam sie nach Madrid, um den Papst zu treffen. „Wer könnte 84Jahre in einem Konvent zubringen, ohne glücklich zu sein?“, sagte sie über ihr abgeschiedenes Leben. „Natürlich bin ich glücklich!“

Lexikon

Die Weltjugendtage wurden von Johannes Paul II. 1985 gegründet. Die bisher letzten dieser globalen christlichen Festivals fanden 2005 in Köln und 2008 in Sydney statt. Für Madrid hatte sich eine halbe Million junger Christen angemeldet, zur Abschlussmesse kamen mehr als eine Million Menschen. Der nächste Weltjugendtag wird 2013 in Rio de Janeiro abgehalten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2011)

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